Dieser Eintrag war in der 4. Woche
des Jahres 2023 das Wort der Woche.
Singular Plural
Nominativ die Schoah
Genitiv der Schoah
Dativ der Schoah
Akkusativ die Schoah

Alternative Schreibweisen:

Shoah, Schoa, Shoa

Worttrennung:

Scho·ah, kein Plural

Aussprache:

IPA: [ˈʃoːa],[1] [ʃoˈaː],[1] [ʃoˈʔaː][1]
Hörbeispiele:   [ˈʃoːa] (Info),   [ˈʃoːa] (Info),   [ʃoˈaː] (Info),   [ʃoˈʔaː] (Info)
Reime: -oːa, -aː

Bedeutungen:

[1] historisch: massenhafte, systematische Verfolgung, Deportation, Vertreibung, Gettoisierung und Vernichtung europäischer Juden durch das nationalsozialistische Deutschland

Herkunft:

Das hebräische Wort שׁוֹאָה‎ (CHA: šōʾāh) → he [2][3] bezeichnete ursprünglich wohl einen ‚plötzlich hereinbrechenden, verheerenden Sturm[2]. Im Biblischen Hebräisch bedeutet es dann einerseits ‚Unwetter[2] (vergleiche Jesaja 10,3 BHS,[4] Ezechiel 38,9 BHS[5]) sowie – wohl als dessen Ergebnis – ‚Trümmer[2] (vergleiche Hi 30,14 BHS[6]), andererseits daraus übertragen unter anderem auch ‚Unheil, Verderben[2] (vergleiche Jesaja 47,11 BHS[7]). Ab dem Mittelalter taucht es in der Bedeutung ‚Zerstörung‘ auf.[8] Im Neuhebräischen nimmt es dann auch die deutsche LehnbedeutungKatastrophe[3][9][10] an: Als nämlich 1934 Chaim Weizmann dem Zionistischen Aktionskomitee mitteilte, dass die Machtergreifung Hitlers in eine „unvorhergesehene Katastrophe, etwa ein neuer Weltkrieg“ führen würde, gab die hebräischsprachige Presse im Mandatsgebiet Palästina das deutsche Wort Katastrophe mit שׁוֹאָה‎ (CHA: šōʾāh) → he wieder.[10] 1940 wird es dann zum ersten Mal in Bezug auf den Massenmord an den europäischen Juden in einem vom United Aid Committee for the Jews in Poland publizierten Heft mit dem Titel שואת יהודי פולין‎ (CHA: šōʾaṯ yehūḏēy pōlīn)  ‚die Schoah der Juden Polens‘ gebraucht.[11] Ab 1942 verfestigt sich der Gebrauch des Wortes in dieser Bedeutung[11] und es wird schließlich durch die erste Knesset in ihrer Resolution vom 12. April 1951 zur Festlegung eines יום השואה ומרד הגטאות‎ (CHA: yōm ha-šōʾā ṿe-mæræḏ ha-gæṭaʾōṯ)  ‚Tag der Schoah und des Ghettoaufstandes‘ institutionalisiert.[12] In dieser nunmehr etablierten Bedeutung wird es später ins Deutsche entlehnt.[13]

Synonyme:

[1] Holocaust, Judenmord, Judenvernichtung, Massenmord an den europäischen Juden
[1] sinnbildlich: Auschwitz
[1] nationalsozialistisch euphemistisch: Endlösung

Sinnverwandte Wörter:

[1] Judenverfolgung, Judenpogrom, Pogrom
[1] Porajmos / Porrajmos

Oberbegriffe:

[1] Antisemitismus, Genozid, Massenmord, Verbrechen gegen die Menschheit, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord

Beispiele:

[1] „Wer dies eherne Gesetz negiert, in stolzem Wahn den scheusslichsten Blutbädern jüdischer Kinder Lobeslieder singt und durch der Wildheit Wut und fortgesetzte Angriffskriege Israels Ende, eine zweite ‚Schoah‘, prophezeit, der kennt die unzerbrechliche Vitalität und ungeheure Wehrkraft des jüdischen Staates nicht.“[14]
[1] „Das furchtbare Ausmaß des Grauens, der Schoah, wurde meinen Eltern erst jetzt bewußt.“[15]
[1] „Zumal eine Klammer sichtbar wird, die alles hält, wenn auch bis zum Zerreißen gespannt, und das mit Sicherheit bis an das hoffentlich sehr ferne Ende der Peggy Parnass: jene verheerende Verwundbarkeit, die gespeist wird aus der Erinnerung an den Holocaust, den die Juden Schoah nennen.“[16]
[1] „Savyon Liebrecht ist das Kind polnischer Eltern, die die Schoah überlebten.“[17]
[1] „Auf den zweiten Weltkrieg folgte zunächst eine Zeit des Schweigens über die Schoah.[18]
[1] „Herr Präsident, es ist die Verantwortung für die Schoah, die Deutschland ganz besonders gegenüber dem Staat Israel verpflichtet.“[19]
[1] „Wenn der Unterricht kaum Reaktionen provoziert oder wenn die Schüler das Ausmaß und den einmaligen Charakter der Schoah nicht erfassen, haben die Lehrer das Gefühl, ihr Ziel nicht erreicht zu haben.“[20]
[1] „Vilnai habe zwar die in Israel für den Holocaust gebräuchliche Bezeichnung ‚Schoah‘ benutzt, damit aber nicht auf die Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg anspielen wollen, erklärten Sprecher des Verteidigungs- und Außenministeriums fast wortgleich. […] Der Begriff ‚Schoah‘ wird selten in einem anderen Zusammenhang benutzt, hat aber wörtlich die Bedeutung ‚Katastrophe‘.“[21]
[1] „In der deutschen Sprache gibt es bis heute keinen Ausdruck für diese Zeit der ideologischen Verfolgung der Juden, für die Gräueltaten und die Qualen, die ihnen angetan wurden und für den Massenmord an ihnen, der während des nationalsozialistischen Regimes zwischen 1933 und 1945 begangen wurde. Die Gründe für diese ‚Sprachlosigkeit‘ mögen verschiedene sein. Anstelle eines deutschen Wortes wird entweder das englische Wort ‚Holocaust‘ oder das hebräische Wort ‚Schoah‘ gebraucht, wobei letzteres seltener benutzt wird.“[22]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] der Schoah gedenken

Wortbildungen:

Schoah-Opfer, Schoah-Überlebende / Schoah-Überlebender

Übersetzungen

Bearbeiten
[1] Wikipedia-Artikel „Schoah
[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Schoah
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Schoah
[1] Duden online „Shoah“ (dort auch „Schoah“)
[1] Wahrig Fremdwörterlexikon „Schoah“ auf wissen.de
[1] wissen.de – Lexikon „Shoa“ (dort auch „Schoah“)
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Schoah
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalSchoah
[1] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter. 4. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-04164-0, Stichwort »Schoah, Shoah«, Seite 1218.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Die deutsche Rechtschreibung. In: Der Duden in zwölf Bänden. 25. Auflage. Band 1, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2009, ISBN 978-3-411-04015-5 (CD-ROM-Ausgabe), Stichwort »Schoah«.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Fremdwörterbuch. In: Der Duden in zwölf Bänden. 10., aktualisierte Auflage. Band 5, Dudenverlag, Mannheim/Zürich 2010, ISBN 978-3-411-04060-5, DNB 1007274220, Stichwort »Schoah, Shoah«, Seite 940.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 9. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-05509-8, Stichwort »Schoah, Shoah«, Seite 1581.

Quellen:

  1. 1,0 1,1 1,2 Stefan Kleiner, Ralf Knöbl und Dudenredaktion: Duden Aussprachewörterbuch. In: Der Duden in zwölf Bänden. 7., komplett überarbeitete und aktualisierte Auflage. Band 6, Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-04067-4, DNB 1070833770, Stichwort »Schoah«, Seite 768.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Walter Baumgartner ✝, Ludwig Koehler ✝; neu bearbeitet von Johann Jakob Stamm, unter Mitarbeit von Zeʾev Ben-Ḥayyim, Benedikt Hartmann, Philippe H. Reymond: Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament. 3. Auflage. Lieferung Ⅳ: ראה‎ – תשׁע‎, E.J. Brill, Leiden/New York/København/Köln 1990, ISBN 90-04-09256-0, Stichwort »שֹׁאָה,שׁוֹאָה‎«, Seite 1325–1326.
  3. 3,0 3,1 Yaacov Lavi; neu bearbeitet von Ari Philipp, Kerstin Klingelhöfer: Langenscheidt Achiasaf Handwörterbuch Hebräisch–Deutsch. Völlige Neubearbeitung, Langenscheidt, Berlin/München/Wien/Zürich/New York 2004, ISBN 978-3-468-04161-7, DNB 96770877X, Stichwort »שׁוֹאָה‎«, Seite 556.
  4. Deutsche Übersetzungen:
    „Sturm“ in Jesaja 10,3 ELB, Jesaja 10,3 MENG, Jesaja 10,3 SLT;
    „Unwetter“ in Jesaja 10,3 GNB, Jesaja 10,3 NeÜ
  5. Deutsche Übersetzungen:
    „Gewittersturm“ in Ezechiel 38,9 GNB, Ezechiel 38,9 NeÜ;
    „Sturm“ in Ezechiel 38,9 ELB;
    „Sturmwetter“ in Ezechiel 38,9 LUT;
    „Ungewitter“ in Ezechiel 38,9 MENG;
    „Unwetter“ in Ezechiel 38,9 EU, Ezechiel 38,9 NLB, Ezechiel 38,9 SLT, Ezechiel 38,9 ZB;
    „gewaltiges Unwetter“ in Ezechiel 38,9 HFA
  6. Deutsche Übersetzungen:
    „Mauertrümmer“ in Hi 30,14 NLB;
    „Trümmer[n]“ in Hi 30,14 EU, Hi 30,14 GNB, Hi 30,14 LUT, Hi 30,14 MENG, Hi 30,14 NeÜ, Hi 30,14 ZB
  7. Deutsche Übersetzung:
    „Verderben“ in Jesaja 47,11 LUT
  8. The Holocaust: Definition and Preliminary Discussion. In: Yad Vashem. The World Holocaust Remembrance Center. ©2018 (URL (Archivversion vom 6. Januar 2018)).
  9. Ernest Klein; foreword by Haim Rabin; Baruch Sarel (Herausgeber): A Comprehensive Etymological Dictionary of the Hebrew Language for Readers of English. CARTA, Jerusalem ©1987, ISBN 965-220-093-X (Internet Archive), Stichwort »שׁוֹאָה‎«, Seite 643.
  10. 10,0 10,1 Jessica Setbon: “Who Beat My Father?” Issues of Terminology and Translation in Teaching the Holocaust. Jerusalem Mai 2006, Seite 6 (Workshop Präsentation während der Fifth International Conference on Teaching the Holocaust to Future Generations, Yad Vashem; URL: PDF 125 kB (Archivversion vom 8. April 2008), abgerufen am 14. Januar 2019).
  11. 11,0 11,1 Holocaust. Yad Vashem. The World Holocaust Remembrance Center, ©2018, abgerufen am 14. Januar 2019 (PDF).
  12. Jessica Setbon: “Who Beat My Father?” Issues of Terminology and Translation in Teaching the Holocaust. Jerusalem Mai 2006, Seite 8–9 (Workshop Präsentation während der Fifth International Conference on Teaching the Holocaust to Future Generations, Yad Vashem; URL: PDF 125 kB (Archivversion vom 8. April 2008), abgerufen am 14. Januar 2019).
  13. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter. 4. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-04164-0, Stichwort »Schoah, Shoah«, Seite 1218.
    Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Die deutsche Rechtschreibung. In: Der Duden in zwölf Bänden. 25. Auflage. Band 1, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2009, ISBN 978-3-411-04015-5 (CD-ROM-Ausgabe), Stichwort »Schoah«.
    Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Fremdwörterbuch. In: Der Duden in zwölf Bänden. 10., aktualisierte Auflage. Band 5, Dudenverlag, Mannheim/Zürich 2010, ISBN 978-3-411-04060-5, DNB 1007274220, Stichwort »Schoah, Shoah«, Seite 940.
    Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 9. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-05509-8, Stichwort »Schoah, Shoah«, Seite 1581.
    Duden online „Shoah“ (dort auch „Schoah“)
  14. [Autor nicht einsehbar]: [Titel nicht einsehbar]. In: Zeitschrift für die Geschichte der Juden. Edition “OLAMENU”, Tel-Aviv 1972, ISSN 0044-2593, Seite 18 (Zitiert nach Google Books).
  15. Günther Bernd Ginzel: Jüdischer Alltag in Deutschland 1933–1945. Droste Verlag, Düsseldorf 1984, ISBN 3-7700-0661-5, Seite 17 (Zitiert nach Google Books).
  16. Ralph Giordano: Ein Leben als Kunstwerk. In: DER SPIEGEL. Nummer 22, 28. Mai 1990, ISSN 0038-7452, Seite 208 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 14. Januar 2019).
  17. Christoph Meckel: Mitteilungen aus Israel. In: DIE ZEIT. Nummer 38, 11. September 1992, ISSN 0044-2070, Seite 73 (DIE ZEIT Archiv-URL, abgerufen am 14. Januar 2019).
  18. Paul Virilio: Fragen zur Schoah. In: Le Monde diplomatique. Nummer 6293, 10. November 2000, ISSN 0026-9395, Seite 23 (deutschsprachige Ausgabe; LMd Archiv-URL, taz Print Archiv-URL, abgerufen am 27. Januar 2023).
  19. „Zivilisationsbruch ohne Beispiel“. In: sueddeutsche.de. 24. Januar 2005, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 13. März 2009).
  20. Benoît Falaize: Schoah und Algerienkrieg. In: Le Monde diplomatique. Nummer 7358, 14. Mai 2004 (übersetzt von Claudia Steinitz), ISSN 0026-9395, Seite 23 (deutschsprachige Ausgabe; LMd Archiv-URL, taz Print Archiv-URL, abgerufen am 27. Januar 2023).
  21. Minister rudert zurück: „Meinte nicht Holocaust“. In: sueddeutsche.de. 29. Februar 2008, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 13. März 2009).
  22. Studienplan Israel. Botschaft des Staates Israel, Ministry of Foreign Affairs, abgerufen am 14. Januar 2019 (PDF).

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen:
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