Dieser Eintrag war in der 26. Woche
des Jahres 2017 das Wort der Woche.
Person Wortform
Präsens ich kreiße
du kreißt
er, sie, es kreißt
Präteritum ich kreißte
Konjunktiv II ich kreißte
Imperativ Singular kreiß!
kreiße!
Plural kreißt!
Perfekt Partizip II Hilfsverb
gekreißt haben
Alle weiteren Formen: Flexion:kreißen

Alternative Schreibweisen:

Schweiz und Liechtenstein: kreissen

Worttrennung:

krei·ßen, Präteritum: kreiß·te, Partizip II: ge·kreißt

Aussprache:

IPA: [ˈkʁaɪ̯sn̩]
Hörbeispiele:   kreißen (Info)
Reime: -aɪ̯sn̩

Bedeutungen:

[1] intransitiv; veraltend; auch übertragen: in den Geburtswehen liegen

Herkunft:

Bei dem Verb handelt es sich um ein seit dem 14. Jahrhundert[1] bezeugtes Erbwort aus mittelhochdeutschem krīzen → gmh[1] / krīʒen → gmh[2][3] ‚(gellend[3], scharf[2]) schreien[1][2][3], kreischen[2][3], stöhnen[1][2][3]‘, das etymologisch verwandt ist mit mittelniederdeutschem krīten → gml[1][2][3]schreien, heulen[3], mittelniederländischem crīten → dum[1][2], niederländischem krijten → nl[2][3]schreien[3] und neuwestfriesischem krite → fy[1].
Dem Duden nach sind all diese Verben lautnachahmenden Ursprungs (vergleiche »kreischen«).[3] Für Kluge handelt es sich um ein Schallverb, das zu der Sippe von schreien (ohne s mobile) gehört.[1] Pfeifer zufolge kann für sowohl dieses ehemals (landschaftlich noch im 18. Jahrhundert) stark flektierende Verb als auch für »kreischen« auf eine (nicht belegte, aber erschlossene) indoeuropäische Erweiterung *grei- der (nicht belegten, aber erschlossenen) indoeuropäischen Wurzel *ger-heiser schreien‘ zurückgegangen werden.[2] Somit hätten »kreißen« und »kreischen« nicht nur denselben lautnachahmenden Ursprung, sondern wären auch etymologisch verwandt.
Im 17. Jahrhundert wurde das Verb dann speziell auf das Schreien der an Geburtsschmerzen leidenden, gebärenden Frau bezogen und entwickelte so die noch heute übliche Bedeutung.[3][2]

Oberbegriffe:

[1] gebären

Beispiele:

[1] Die Frau kreißte schon 17 Stunden, da verließen sie die Kräfte.
[1] „So ist sein Leben: Geboren wird er im Krankenhaus, wo viele Mütter kreißen, oder in einem Zimmer, wo ihn gleich die Familie mit ihrem Anhang, den Schlafburschen, umwimmelt; so wächst er auf, und es ist noch eine bessere Familie, wenn jeder sein eigenes Bett hat; alle aber, die so leben, leben ständig das Leben der anderen mit und sind nie allein.“[4]
[1] „Aus allen Gegenden Deutſchlands ſcheint ſich die Kraft des Kriegs auf dieſen Punkt der Entſcheidung zuſammen zu draͤngen, dieſer Augenblick von dem Ausſchlag eines zwoͤlfjaͤhrigen Kampfes zu kreißen.[5]
[1] „Licht! Leben! durch die Faſern gießt
Gleich Ichor ſich der Menſchengeiſt;
Wie’s droben tönt, die Spalte fließt,
Gedankenwelle ſchwillt und kreißt.[6]
[1] „Wenn ihr wüßtet, welches Schickſal in mir kreißt![7]
[1] „Jefta, der kräftige, gesunde Mann, schlief gut selbst in dieser Nacht der Sorge. Und siehe, während seines gesunden Schlafes kreißte sein Verstand und warf einen Plan aus.“[8]
[1] „Der Mund kreißte förmlich, um dieses vokalsüchtige Texanisch, das in jedem Vokal alle anderen mittönen läßt, hervorzubringen.“[9]

Redewendungen:

[1] der Berg kreißte und gebar eine Maus

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] eine kreißende Frau

Wortbildungen:

Kreißbett, Kreißende, Kreißsaal

Übersetzungen

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[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „kreißen
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „kreißen
[1] The Free Dictionary „kreißen
[1] Duden online „kreißen
[1] Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „kreißen“ auf wissen.de
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „kreißen
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Portalkreißen
[1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „kreiszen
[1] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. In zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 5. Band Impu–Leim, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-411-04783-6, DNB 965408787, Stichwort »kreißen«, Seite 2274–2275.
[1] Renate Wahrig-Burfeind: Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch. Mit einem Lexikon der Sprachlehre. In: Digitale Bibliothek. 9., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. wissenmedia in der inmedia ONE GmbH, Gütersloh/München 2012, ISBN 978-3-577-07595-4 (CD-ROM-Ausgabe), Stichwort »kreißen«.
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 8., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-05508-1, Stichwort »kreißen«, Seite 1065.

Quellen:

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort »kreißen«, Seite 537.
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, digitalisierte und aufbereitete Ausgabe basierend auf der 2., im Akademie-Verlag 1993 erschienenen Auflage. Stichwort „kreißen
  3. 3,00 3,01 3,02 3,03 3,04 3,05 3,06 3,07 3,08 3,09 3,10 Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. 5., neu bearbeitete Auflage. Band 7, Dudenverlag, Berlin/Mannheim/Zürich 2013, ISBN 978-3-411-04075-9, Stichwort »kreißen«, Seite 487.
  4. Kurt Tucholsky: Nie allein. In: Deutschland, Deutschland ueber alles. Ein Bilderbuch von Kurt Tucholsky und vielen Fotografen. Montiert von John Heartfield. 1. Auflage. Neuer Deutscher Verlag, Berlin 1929, Seite 124 (Zitiert nach Google Books).
  5. Friedrich Schiller: Geſchichte des dreyßigjaͤhrigen Kriegs. 1. Auflage. Erſter Theil, [sine editio], Frankfurt und Leipzig 1792, Seite 235–236 (Zitiert nach Deutsches Textarchiv).
  6. Annette Freiin von Droſte-Hülshof: Gedichte. 1. Auflage. J. G. Cotta’ſcher Verlag, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 175 (Zitiert nach Deutsches Textarchiv).
  7. Friedrich Huch: Pitt und Fox. Die Liebeswege der Brüder Sintrup. Ein Roman. Wilhelm Langewiesche-Brandt, München-Ebenhauſen/Leipzig 1909, Seite 274 (Zitiert nach Google Books).
  8. Lion Feuchtwanger: Jefta und seine Tochter. Roman. 1. Auflage. Rowohlt, Hamburg 1957, Seite 258 (Zitiert nach Google Books).
  9. Martin Walser: Brandung. Roman. 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-518-03570-3, Seite 75.

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen:
Levenshtein-Abstand von 1: kreiden, kreisen
Levenshtein-Abstand von 3: kreischen