Scheingewinn (Deutsch) Bearbeiten

Substantiv, f Bearbeiten

Singular Plural
Nominativ die Scheingewinn die Scheingewinne
Genitiv der Scheingewinnes
der Scheingewinns
der Scheingewinne
Dativ der Scheingewinn
der Scheingewinne
den Scheingewinnen
Akkusativ die Scheingewinn die Scheingewinne

Worttrennung:

Schein·ge·winn, Plural: Schein·ge·win·ne

Aussprache:

IPA: [ˈʃaɪ̯nɡəˌvɪn]
Hörbeispiele:   Scheingewinn (Info)

Bedeutungen:

[1] Wirtschaft: Gewinn eines Unternehmens, der nur vermeintlich, meist infolge krimineller Bilanzmanipulationen, existiert, dabei können die Umsätze aufgebläht und/oder die wahren Kosten verschleiert werden
[2] Wirtschaft: Gewinn eines Unternehmens, der systemisch infolge von Inflation (= Geldentwertung) dadurch entsteht, dass die jährlich steigenden Wiederbeschaffungskosten der Anlagen und Vorräte des Unternehmens (= das Vermögen), die in der Bilanz angesetzt werden können, nicht dem wahren Wert, beispielsweise wegen Abnutzung der Anlagen, entsprechen

Herkunft:

Determinativkompositum (Zusammensetzung) aus den Substantiven Schein (dort: Bedeutung [3]) und Gewinn (dort: Bedeutung [2])

Gegenwörter:

[1, 2] Scheinverlust

Beispiele:

[1] „Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass [der insolvente Finanzienstleister] Wirecard seit 2015 Scheingewinne auswies, und ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.“[1]
[1] „Die Verantwortung […] dafür, dass Scheingeschäfte, Scheinbuchungen, Scheingewinne nicht aufflogen – die wird nun zwischen allen Beteiligten herumgereicht.“[2]
[1] „Aber auch abgesehen von den mutmaßlichen Scheingewinnen der Cardsystems wurde bei Wirecard nicht viel Geld verdient: Die Wirecard Technologies, die die tatsächlich existierende Bezahlplattform des Konzerns betreibt, verbuchte 2018 einen Gewinn von 129 Millionen Euro, eine irische Tochter 62 Millionen.“[3]
[1] „»Bei Scheingewinnen stellt sich die Frage, ob nicht die Jahresabschlüsse wegen offenkundig falscher Zahlen und nachfolgend die Steuererklärungen und Steuerbescheide auch ohne Vorbehalt der Nachprüfung zu korrigieren sind«, sagt Marc d'Avoine, Leiter des Ausschusses Steuern und Bilanzierung beim Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands. »Die Antwort ist eindeutig ja. (…) Unsere Aufgabe ist es, Scheingewinne zu korrigieren.«“[4]
[1] [Enron-Skandal:] „Der Börsenaufsicht SEC wirft er schweres Versagen vor. Zudem hat er bereits die rechtlichen Schritte eingeleitet, dass die Betrugsopfer wenigstens die Steuergelder wieder erhalten, die sie in den vergangenen Jahren auf ihre Scheingewinne gezahlt haben.“[5]
[1] „Anleger können Rückzahlungen erneut einfordern – Schließlich handele es sich bei den Ausschüttungen nicht um Gewinne, sondern um Einzahlungen anderer Investoren, die im Zuge eines betrügerischen "Schneeballsystems" umgeschichtet worden seien. Die Auszahlung solcher Scheingewinne sei im Fall der Insolvenz jedoch anfechtbar, so der Insolvenzverwalter […]“[6]
[2] „Gleichzeitig nimmt der Staat mehr Geld ein, indem er Scheingewinne besteuert. Konrad nennt ein Beispiel: Ein Unternehmer kauft ein Grundstück für hundert Geldeinheiten. Real mag der Wert bei hundert geblieben sein. Aber nach 20 Jahren wird es für 250 verkauft, weil die Inflation den Wert des Grundstücks in die Höhe getrieben hat. Entstanden ist ein Scheingewinn von 150 Geldeinheiten, an dem sich der Staat selbstverständlich beteiligt. »Der Scheingewinn ist umso höher, je größer die Inflation ist«, sagt Konrad.“[7]
[2] „Die Differenz zwischen Anfangs- und Endbeständen [Anmerkung: der Vorräte] wird deshalb mit jahresdurchschnittlichen Preisen bewertet. So sollen Scheingewinne oder Scheinverluste verhindert werden“.[8]
[2] „Zum anderen soll bei der Preisberechnung das Prinzip der so genannten Nettosubstanzerhaltung erlaubt werden. Damit können auch Steuern auf Scheingewinne angerechnet werden.“[9]
[2] „Die Herstellung eines Scheingewinnes zugunsten des Fiskus verstößt gegen den Grundsatz der Trennung von Notenbank und Finanzpolitik.“[10]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1, 2] mit Substantiv: Ausweis von Scheingewinnen
[1, 2] mit Verb: Scheingewinne ausweisen

Wortbildungen:

[2] Scheingewinnbesteuerung

Übersetzungen Bearbeiten

[2] Wikipedia-Artikel „Scheingewinn
[2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Scheingewinn
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalScheingewinn
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Scheingewinn
[*] Wikipedia-Suchergebnisse für „Scheingewinn
[*] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Scheingewinn
[2] Duden online „Scheingewinn
[2] Gablers Wirtschaftslexikon online: Thilo Seyfriedt: Scheingewinn. wirtschaftslexikon.gabler.de, Springer Gabler | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden, Deutschland, abgerufen am 2. September 2020.

Quellen:

  1. Wirecard-Skandal – Binding (SPD) sieht keine Notwendigkeit für Austausch der Bafin-Spitze. In: Deutschlandradio. 2. September 2020 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  2. Mischa Erhardt: Der Fall Wirecard – Multiples „Organversagen“ von Kontrollen und Aufsichten. In: Deutschlandradio. 10. Juli 2020 (Deutschlandfunk / Köln, Sendereihe: Hintergrund, Text und Audio zum Download, Dauer 18:56 mm:ss, hörbar nur bis 10.01.2021 wegen des deutschen Telemediengesetzes (TMG) in Verbindung mit dem Rundfunkstaatsvertrag in der Fassung der 22. Änderung, URL, abgerufen am 2. September 2020).
  3. Bilanzskandal – Wirecard-Skandal - Bizzare Chats aufgetaucht. In: Deutsche Welle. 17. Juli 2020 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  4. dpa: Kriminalität - Aschheim: Wirecard-Pleite kann teuer für den Staat werden. In: sueddeutsche.de. 2020-07-21, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  5. Viktoria Unterreiner: Massenbetrug – Opfer würden Madoff an den Zehen aufhängen. In: Welt Online. 28. Juni 2009, ISSN 0173-8437 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  6. Christoph Rottwilm: Neuer Ärger im Anlageskandal – Insolvenzverwalter bittet leidgeprüfte S&K-Opfer zur Kasse. In: Manager-Magazin.de. 10. November 2016, ISSN 0006-2375 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  7. Zhang Danhong: Wirtschaft – Inflation - ewige Versuchung für den Staat. In: Deutsche Welle. 5. Oktober 2012 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  8. Uwe Taenzer: Wirtschaftspolitik im internationalen Rahmen. Ernst Klett Verlag, Stuttgart, Leipzig, 2010, abgerufen am 2. September 2020 (Seite 45 von 163).
  9. Stephan Kosch: Kompromiss beim Energierecht gesucht. In: taz.de. 14. Februar 2005, ISSN 2626-5761 ([taz.de/!643501 URL], abgerufen am 2. September 2020).
  10. Matthias Urbach: „Der Griff ans Strumpfband“. In: taz.de. 30. Mai 1997, ISSN 2626-5761 (Interview mit dem Währungsexperten Wilhelm Hankel, [taz.de/!1398491 URL], abgerufen am 2. September 2020).

Ähnliche Wörter (Deutsch):

Anagramme: einschwingen