Dehumanisierung (Deutsch) Bearbeiten

Substantiv, f Bearbeiten

Singular Plural
Nominativ die Dehumanisierung die Dehumanisierungen
Genitiv der Dehumanisierung der Dehumanisierungen
Dativ der Dehumanisierung den Dehumanisierungen
Akkusativ die Dehumanisierung die Dehumanisierungen
 
[1] Dehumanisierung im Gefängnis von Abu-Ghraib
 
[1] Im 2. Weltkrieg war die Dehumanisierung des Gegners üblich.
 
[1] Bei der Dehumanisierung sind abwertende Vergleiche üblich.

Worttrennung:

De·hu·ma·ni·sie·rung, Plural: De·hu·ma·ni·sie·run·gen

Aussprache:

IPA: [dehumaniˈziːʁʊŋ]
Hörbeispiele:   Dehumanisierung (Info)
Reime: -iːʁʊŋ

Bedeutungen:

[1] bildungssprachlich: Leugnung des vollständigen Menschseins von Menschen oder Menschengruppen mit damit einhergehender Grausamkeit und Leiden dieser Anderen; diese können beispielsweise zu Tieren herabgewürdigt, menschliche Eigenschaften (beispielsweise positive Emotionen wie Empathie) abgesprochen oder zu Monstern dämonisiert werden

Herkunft:

Ableitung zum Stamm des Verbs dehumanisieren mit dem Derivatem (Ableitungsmorphem) -ung

Synonyme:

[1] Entmenschlichung

Sinnverwandte Wörter:

[1] Abwertung, Dämonisierung, Entrechtung, Entwürdigung, Unterdrückung, Verfolgung, Verteufelung

Gegenwörter:

[1] Humanisierung

Beispiele:

[1] Die Dehumanisierung der Juden durch die Nazis ab 1933 war gängige Praxis.
[1] Die Versklavung von Menschen aus Afrika vom 16. bis 19. Jahrhundert durch Europäer war eine sehr lange andauernde Form der Dehumanisierung.
[1] Auf den sozialen Medien finden sich heute massenhaft Beispiele von Dehumanisierungen einzelner Gruppen: die Ausländer, die Flüchtlinge, die Juden, die Muslime, die Schwulen.
[1] „Es handelt sich um die extremste Form der Dehumanisierung des Anderen.“[1]
[1] „Das größte Hindernis im Friedensprozess ist die Dehumanisierung des anderen.“[2]
[1] „Beispielsweise wurden beleidigende Dehumanisierungen (z.B. „fettes Schwein“) auch als solche und nicht als Beleidigung codiert.“[3]
[1] „Dehumanisierungen sind die häufigsten Formen der kollektiven Negierungen: Israel und seine Bevölkerung werden als Pestgeschwür, Unrat, Teufelswerk, Monster, Kontergan-Gebilde etc. bezeichnet:“ […].[4]
[1] „Schon im mittelalterlichen Motiv der „Judensau“ findet sich die Tendenz zur Dehumanisierung.[5]
[1] „Denn Krankheits- oder auch Tiermetaphern im politischen Diskurs dienen der Abwertung des politischen Gegners, in ihrer extremen Form gar seiner Dehumanisierung.[6]
[1] „Osetschkin erhebt schwere Vorwürfe gegen den russischen Vollzug. »Das ist teuflisches Zeug, eine Dehumanisierung«, sagt der Menschenrechtler.“[7]
[1] „Das ist eine Erzählung, die sowohl die Dehumanisierung von Muslimen als auch die Verteufelung von Juden verbindet.“[8]
[1] [Russland-Ukraine-Krieg 2022:] „»Gerade helfen mir die Recherchen, die ich gemacht habe, den aktuellen Krieg zu verstehen. Auch deswegen bin ich über das Gegenwärtige so entsetzt, weil ich weiss, wohin es führen kann, wenn die Welt glaubt, einen Aggressor nicht stoppen zu können, welche Vorzeichen ein Völkermord hat, wie Dehumanisierung aussieht.«“[9]
[1] „Mit seiner negativen Utopie einer Dehumanisierung durch Digitalisierung gehört Stefan Selke wohl zu den Vertretern jenes kulturellen Fundamentalpessimismus, den Timotheus Höttges in seinem Eröffnungsvortrag als Markenzeichen eines Teils der deutschen Bildungselite beschrieb.“[10]
[1] „Rassismus wird in dieser Betrachtungsweise nicht als rein individuelles Fehlverhalten verstanden, sondern als durch gesellschaftliche Strukturen reproduziertes Phänomen der Ausgrenzung, Dehumanisierung, systematischen Benachteiligung und Gewalt sowie der ungleichen Ressourcenverteilung.“[11]
[1] „»Ja, das ist dieser Kollektiv-Singular "der", der typisch ist im nationalsozialistischen Sprachgebrauch: "der Jude", "der Russe", "der Engländer". "Der Deutsche" steht natürlich immer in positiven Zusammenhängen. Aber abgesehen von "der Deutsche": Wenn eine Gruppe erst einmal mit "der" im Kollektiv-Singular angeredet wurde, dann wusste man, dass ihr Gefahr drohte. "Der" war ein Versuch, die Individualität zu vertreiben, fast schon der Dehumanisierung. Das ist ein Phänomen sehr vieler NS-Vokabeln, dass sie die Gegner dehumanisieren.«“[12]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] mit Adjektiv: jahrelange / propagandistische / systematische / vollständige / zunehmende Dehumanisierung
[1] mit Substantiv: Dehumanisierung von Einwanderern / Farbigen / Flüchtlingen / Homosexuellen / Juden / Migranten
[1] mit Substantiv: Dehumanisierung von Menschen afrikanischer Herkunft / Menschen mit einer Behinderung

Übersetzungen Bearbeiten

[1] Wikipedia-Artikel „Dehumanisierung
[*] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache – Korpusbelege [dwdsxl] Gegenwartskorpora mit freiem Zugang „Dehumanisierung
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalDehumanisierung
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Dehumanisierung
[1] Duden online „Dehumanisierung
[1] Dehumanisierung. In: Spektrum der Wissenschaft Online. ISSN 0170-2971 (URL, abgerufen am 4. Mai 2022).

Quellen:

  1. Wikipedia-Artikel „Dämonisierung“ (Stabilversion)
  2. Claudia Mende: Religion – Islamisch-jüdischer Dialog: "Humor kann Spannungen entschärfen". In: Deutsche Welle. 12. Januar 2021 (URL, abgerufen am 4. Mai 2022).
  3. Holger Marcks, Anja Schmidt-Kleinert, Anja Siegel, Laura Jäkel, Manjana Sold, Hande Abay Gaspar, Mika Moeller, Maik Fielitz, Mathias Uhlenbrock, Janina Pawelz: Inszenieren und Mobilisieren: Rechte und islamistische Akteure digital und analog. Barbara Budrich, 2021, ISBN 9783847416326, Seite 261 (Zitiert nach Google Books)
  4. Monika Schwarz-Friesel, Jehuda Reinharz: Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert. De Gruyter, 2012, ISBN 9783110277722, Seite 224 (Zitiert nach Google Books)
  5. Wanderausstellung abgestempelt. bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, Deutschland, 2016, abgerufen am 4. Mai 2022 (Seite 8 von 36).
  6. Thomas Nier: Rechtspopulistische Lexik und die Grenzen des Sagbaren. bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, Deutschland, 16. Januar 2017, abgerufen am 4. Mai 2022.
  7. Roman Goncharenko, Sergey Dik: Menschenrechte – Folter-Videos in Russland: Abu-Ghuraib an der Wolga. In: Deutsche Welle. 10. Oktober 2021 (URL, abgerufen am 4. Mai 2022).
  8. Zehn Jahre nach NSU-Enttarnung: "Da wächst etwas zusammen". In: Norddeutscher Rundfunk. 1. Juli 2021 (URL, abgerufen am 4. Mai 2022).
  9. «Man wird diesen Krieg nur stoppen können, wenn der Westen bereit ist, auch Opfer zu bringen». republik.ch, Republik AG, Zürich, Schweiz, 29. April 2022, abgerufen am 4. Mai 2022 (Interview mit der ukrainischen Schriftstellerin Tanja Maljartschuk, Interview von Daniel Graf).
  10. Ingeborg Breuer: Tagung der Uni Köln – Die digitale Revolution und ihre Folgen. In: Deutschlandradio. 25. Februar 2016 (URL, abgerufen am 4. Mai 2022).
  11. Vanessa Eileen Thompson: "Racial Profiling", institutioneller Rassismus und Interventionsmöglichkeiten. bpb.de, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, Deutschland, 27. April 2020, abgerufen am 4. Mai 2022.
  12. Sabine Peschel: Interview – Verbrannte Wörter: Sprechen wir noch wie die Nazis?. In: Deutsche Welle. 19. März 2019 (URL, abgerufen am 4. Mai 2022).
  13. Englischer Wikipedia-Artikel „dehumanization
  14. Französischer Wikipedia-Artikel „déshumanisation
  15. Niederländischer Wikipedia-Artikel „ontmenselijking
  16. Polnischer Wikipedia-Artikel „dehumanizacja
  17. Portugiesischer Wikipedia-Artikel „desumanização
  18. Russischer Wikipedia-Artikel „дегуманизация
  19. Schwedischer Wikipedia-Artikel „avhumanisering
  20. Spanischer Wikipedia-Artikel „deshumanización