Fremdscham (Deutsch)

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Singular Plural
Nominativ die Fremdscham
Genitiv der Fremdscham
Dativ der Fremdscham
Akkusativ die Fremdscham

Worttrennung:

Fremd·scham, kein Plural

Aussprache:

IPA: [ˈfʁɛmtˌʃaːm]
Hörbeispiele:   Fremdscham (Info)

Bedeutungen:

[1] fachsprachlich, speziell Psychologie: das Gefühl, sich für eine oder mehrere andere Personen beziehungsweise für deren (als peinlich oder ähnlich empfundene) Handlungen, Verhalten oder dergleichen schämen zu müssen

Herkunft:

Determinativkompositum aus dem Adjektiv fremd und dem Substantiv Scham

Oberbegriffe:

[1] Scham, Schamgefühl

Beispiele:

[1] „Die streiten sich oft so sehr, dass einen die Fremdscham packt.“[1]
[1] „Die 70er hingegen: Nun ja, man kann sich sehr wohl an sie erinnern, detailgetreu manchmal sogar. Es ist mit einer Mischung aus Fremdscham und Heiterkeit, mit der man sich diese Dekade ins Gedächtnis zurückruft.“[2]
[1]  jetzt.de: Ein gewisser Dr. Mück, Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, schreibt im Internet, dass er der Meinung sei, dass besonders solche Menschen zu Fremdscham neigen, denen in der Kindheit nicht die Fähigkeit vermittelt wurde, ausreichend zwischen eigenen und fremden Gefühlen zu unterscheiden.
Jan Delay: Nein, das sehe ich ganz anders. Für mich leiden solche Menschen unter Fremdscham, die ein entsprechendes Bewusstsein mitbringen. Ein Gewissen, das man auf andere Leute projiziert, sodass man sich fragt, warum sich bestimmte Menschen in der Öffentlichkeit oft bloßstellen. Das hat viel mit Erfahrung und Wissen zu tun, deshalb kann man den Leuten mit Erbsenwürde ihr Verhalten auch nicht vorwerfen – denen fehlt einfach die Kenntnis.“[3]
[1] „Mit zunehmender Individualisierung hat sich auch die Fremdscham zurückgezogen. (Obwohl in neuester Zeit das Bekunden von Fremdscham zur Mode geworden ist. Aber dies ist mehr Koketterie und ein Verweis auf die eigene Anständigkeit als wirkliches Empfinden. Oder darüber hinausgehend eine Form der Anklage; die moderne Form der Fremdscham fühlt nicht mit jemandem mit, sondern ist gegen jemanden gerichtet, der sein Treiben nicht als peinlich empfindet. Sie stellt einen Verweis auf ein höherwertiges Geschmacksempfinden, das der sich Schämende inne hat, dar.)“[4]
[1] „Sympathie und gefühlte Nähe zu einer als peinlich erlebten Person steigern die Fremdscham ([…]).“[5]
[1] „Fremdscham tritt auf, wenn eine andere Person Normen oder Werte verletzt und das selbst nicht merkt oder nicht als peinlich empfindet. Sie ist damit ein wichtiges Regulativ. […] Fremdscham ist ein soziales Gefühl, letzlich ist dies eine Form von Mitleid ([…]).“[6]
[1] „Zu der im sozialen Kontext angesiedelten Peinlichkeit gehören Begriffe wie Takt, Verlegenheit und Fremdscham.[7]

Wortbildungen:

Verb: fremdschämen

Übersetzungen

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[1] Wikipedia-Artikel „Schamgefühl#Fremdscham
[*] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Fremdscham“ (Korpus)
[1] Duden online „Fremdscham
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Fremdscham
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalFremdscham
[1] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 9. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-05509-8, Stichwort »Fremdscham«, Seite 655.

Quellen:

  1. „Da packt einen die Fremdscham“. In: Hannoversche Allgemeine. 18. September 2008, Seite 10.
  2. Die Rückkehr der Schlaghose. In: Hamburger Morgenpost. 26. März 2009, Seite 3.
  3. „Ihr seid mit eurer Fremdscham nicht allein”. In: Süddeutsche Zeitung. 27. Juli 2009, ISSN 0174-4917, Seite 33.
  4. Hans-Hubert Streusalzwiese: Monologisches Gebrabbel eines nihilistischen Exhibitionisten. 1. Auflage. Books on Demand, Norderstedt 2011, ISBN 978-3-8448-8204-9, Seite 28.
  5. Micha Hilgers: Scham. Gesichter eines Affekts. 4., erweiterte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-46251-5, Seite 338 (Zitiert nach Google Books).
  6. Thomas Bergner: Gefühle. Die Sprache des Selbst. 1. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7945-2916-2, Seite 184 (Zitiert nach Google Books).
  7. Ulrich Greiner: Schamverlust. Vom Wandel der Gefühlskultur. 1. Auflage. rowohlt e-book, Reinbek bei Hamburg 2014, ISBN 978-3-644-03671-0 (E-Book; zitiert nach Google Books).