Alarmismus (Deutsch)

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Singular Plural
Nominativ der Alarmismus die Alarmismen
Genitiv des Alarmismus der Alarmismen
Dativ dem Alarmismus den Alarmismen
Akkusativ den Alarmismus die Alarmismen

Anmerkung:

Mit der Verwendung der Bezeichnung »Alarmismus« drückt der Sprecher/die Sprecherin seine/ihre kritische Einstellung zu der vorgebrachten Warnung aus, die von ihm/ihr als Alarmist/Alarmistin überzogen, als grundlos, eben als „blinder Alarm“ gewertet wird.[1][2]

Worttrennung:

Alar·mis·mus, Plural: Alar·mis·men

Aussprache:

IPA: [ˌalaʁˈmɪsmʊs]
Hörbeispiele:   Alarmismus (Info)
Reime: -ɪsmʊs

Bedeutungen:

[1] bildungssprachlich: Haltung, die sich darin äußert, übertrieben vor sich abzeichnenden gesellschaftlichen Fehlentwicklungen und/oder Gefahren zu warnen

Herkunft:

Bei dem Wort soll es sich zweier Quellen zufolge um eine seit Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts in Gebrauch gekommene[3][4] Ableitung zu dem Substantiv Alarm und dem Suffix -ismus[5][4] handeln. Es lassen sich allerdings, wenn auch nur sporadisch, Belege für den Gebrauch des Wortes vor den 1990er Jahren finden: siehe hierzu die ersten drei Beispiele.

Sinnverwandte Wörter:

[1] umgangssprachlich abwertend: Panikmache

Gegenwörter:

[1] Antialarmismus

Beispiele:

[1] „Für die FR entbehren beide ‚Alarmismen‘ jedoch jeglicher konkreter Grundlagen.“[6]
[1] „Schließlich sei es auch mit der Stärke der Sowjetflotte bei genauerer Betrachtung so weit nicht her. ‚Gelassenheit‘ sei daher ‚eher am Platze als Alarmismus‘.“[7]
[1] „Um Kritik schnell zum Verstummen zu bringen, wird bei dieser Haltungslage oft mit dramatisierenden Darstellungen der Situation (Alarmismus) operiert.“[8]
[1] „Bevor man mit dem Finger auf schlafmützige Politiker weist, wären hier als erstes die frühen Kinderkrankheiten der Ökologiebewegung zu nennen: Alarmismus, Moralpredigten, konzeptioneller Rigorismus.“[9]
[1] „Die Militärs betreiben einen absurden ‚Rundum-Alarmismus‘, dem kaum nüchterne, plausible Analysen zugrunde liegen.“[10]
[1] „Wer eine präzise Bedrohungsanalyse erwartet, dem begegnen in dieser Leitlinie kommender deutscher (Militär-)Politik nur semantische Allgemeinplätze, Vernebelung, Alarmismus statt Analyse, Strategie-Kauderwelsch.“[11]
[1] „Offizielle Vertreter der Juden wie der verstorbene Heinz Galinski hatten schon vor Jahren vor einer wachsenden Gefahr von rechts gewarnt. Meist wurden ihre Mahnungen als Alarmismus abgetan.“[12]
[1] „Das Leiden an der eigenen Zeit, das Umgetriebensein von weltverbessernden Ideen, der Alarmismus angesichts eines fast schon rettungslos empfundenen Weltzustands und, wo alles Zureden versagt, die Flucht ins Vergangene, ist womöglich die eigentliche Traditionslinie, die das deutsch-romantische 19. Jahrhundert der Gegenwart vermacht hat.“[13]
[1] „Moderne ‚political correctness‘ und alte deutsche Gesinnungsethik scheinen sich aber zum neuen moralischen Alarmismus der 90er Jahre zu verbinden.“[14]
[1] „Nur in Deutschland gibt es das Phänomen, das man ‚Alarmismus‘ nennt, jene Panikanfälligkeit, bei der die Angst schon vorher da ist und nur noch ein Objekt sucht, um ausbrechen zu können.“[15]
[1] „Es ist offenkundig, dass [Peter] Sloterdijk beide Ziele ins Visier genommen hat, indem er mit Begriffen wie ‚Selektion‘ und ‚Menschenzüchtung‘ hantierte und die Kritik an seiner frivolen Fascho-Semantik als hysterische Anfälle eines jakobinischen Antifa-Alarmismus denunzierte, dessen Denken sich in Reflexen erschöpfe.“[16]
[1] „Direkt nach der Wende schlugen wir eine größere Untersuchung zu der Entwicklung bei den Skinheads vor – ein hoher Beamter des Jugendministeriums erklärte das alles für Unsinn und unverantwortlichen Alarmismus und hat das verhindert.“[17]
[1] „Seine spiritualistische Sichtweise, sein normativer Rekurs auf die dionysische Bejahung des Lebens, seine Vorliebe für Zuspitzungen und Alarmismen, für Paradoxien und schroffe Antithesen wie gesund-krank, stark-schwach oder natürlich-künstlich produzieren erhebliche Differenzierungsverluste.“[18]
[1] „Zwar hat mit der Häufung ihres Erscheinens eine gewisse Nüchternheit der Analyse dieses Phänomens eingesetzt […], doch ist die öffentliche Rede nicht frei von Alarmismen, die in ihnen ein Austreten aus dem demokratischen Konsens sehen.“[19]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] falscher, maßloser, politischer, purer, schierer, übertriebener, überzogener, unverantwortlicher Alarmismus; in Alarmismus verfallen; (keinen) Alarmismus verbreiten; vor Alarmismus warnen

Wortbildungen:

[1] Alarmist (→ Alarmistin, alarmistisch)
[1] Antialarmismus

Übersetzungen

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[1] Dieter Herberg, Michael Kinne, Doris Steffens; unter Mitarbeit von Elke Tellenbach, Doris al-Wadi: Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen. In: Ludwig M. Eichinger, Peter Wiesinger (Herausgeber): Schriften des Instituts für Deutsche Sprache. Band 11, Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York 2004, ISBN 3-11-017750-1, DNB 971679088, „Alarmismus“, Seite 5–6.
[1] Wikipedia-Artikel „Alarmismus
[*] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Alarmismus
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalAlarmismus
[1] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch „Alarmismus

Quellen:

  1. Nach Dieter Herberg, Michael Kinne, Doris Steffens; unter Mitarbeit von Elke Tellenbach, Doris al-Wadi: Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen. In: Ludwig M. Eichinger, Peter Wiesinger (Herausgeber): Schriften des Instituts für Deutsche Sprache. Band 11, Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York 2004, ISBN 3-11-017750-1, DNB 971679088, „Alarmismus“, Seite 5–6.
  2. Nach Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch „Alarmismus
  3. Dieter Herberg, Michael Kinne, Doris Steffens; unter Mitarbeit von Elke Tellenbach, Doris al-Wadi: Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen. In: Ludwig M. Eichinger, Peter Wiesinger (Herausgeber): Schriften des Instituts für Deutsche Sprache. Band 11, Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York 2004, ISBN 3-11-017750-1, DNB 971679088, „Alarmismus“, Seite 5.
  4. 4,0 4,1 Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch „Alarmismus
  5. Dieter Herberg, Michael Kinne, Doris Steffens; unter Mitarbeit von Elke Tellenbach, Doris al-Wadi: Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen. In: Ludwig M. Eichinger, Peter Wiesinger (Herausgeber): Schriften des Instituts für Deutsche Sprache. Band 11, Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York 2004, ISBN 3-11-017750-1, DNB 971679088, „Alarmismus“, Seite 6.
  6. Wulf-Winrich Lapins: Zur Einschätzung sowjetischer Bedrohung in der westdeutschen überregionalen Tages- und Wochenpresse, dargestellt am Beispiel der „Frankfurter Rundschau“, „Süddeutschen Zeitung“ und „Die Zeit“ im Untersuchungszeitraum 1975-1981. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Bonn 1983, Seite 279, DNB 850024102 (Dissertation, zitiert nach Google Books).
  7. DEUTSCHLAND: „Das Feindbild muß wieder stimmen“. In: DER SPIEGEL. Nummer 15/1983, 11. April 1983, ISSN 0038-7452, Seite 21 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 3. August 2013).
  8. Dieter Arndt: Zwischen Alarmismus und Argumentation. Die sicherheitspolitische Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierungen zur innenpolitischen Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses. tuduv-Verlagsgesellschaft, München 1988, ISBN 3-88073-284-1, Seite 132 (Zitiert nach Google Books).
  9. Norbert Kostede: Zukunftsthema Ökologie – ein Thema mit Zukunft?: Umweltpolitik im Schneckentempo. Ginge es nur um die öffentliche Meinung, könnte Klaus Töpfer schneller handeln. In: Zeit Online. Nummer 08/1991, 15. Februar 1991, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  10. Volker Matthies, Wolfgang R. Vogt: Zurück, marsch, marsch! Die Bundeswehr braucht eine radikale Gesundschrumpfung. In: Zeit Online. Nummer 19/1992, 1. Mai 1992, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  11. Hans-Eckehard Bahr: Ein ziviles Deutschland wäre gut für die Welt. Konservative wollen Bundeswehrsoldaten in ferne Kriege schicken, um der „deutschen Verantwortung“ gerecht zu werden. Unser Autor, Friedensforscher, widerspricht. In: Zeit Online. Nummer 37/1992, 4. September 1992, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  12. Gisela Dachs: Jüdisch und deutsch. In: Zeit Online. Nummer 52/1992, 18. Dezember 1992, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  13. Joachim Fest: DER ZEIT NICHT GANZ SO NAHE. In: DER SPIEGEL. Nummer 6/1993, 1. November 1993, ISSN 0038-7452, Seite 46 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 3. August 2013).
  14. Reinhard Göhner: Die Unmoral der Moral-Apostel. Wer schützt die Opfer von Kampagnen vor Ignoranz der Fakten und Vorverurteilungen?. In: Welt Online. 9. Oktober 1995, ISSN 0173-8437 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  15. Dietrich Schwanitz: Deutschland, eine Identitätskrise. Das Psychogramm einer Republik, die sich gar zu gerne fürchtet. In: Welt Online. 22. Mai 1999, ISSN 0173-8437 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  16. Reinhard Mohr: Der antiliberale Reflex. In: DER SPIEGEL. Nummer 39/1999, 27. September 1999, ISSN 0038-7452, Seite 306 (DER SPIEGEL Archiv-URL, abgerufen am 3. August 2013).
  17. Andrea Böhm, Gunter Hofmann (Interviewer); Wilhelm Heitmeyer (Interviewter): N A Z I S: „Der Staat will nichts wissen“. Ursachen des Rechtsextremismus und das riskante Verhalten der Mitte - ein ZEIT-Gespräch mit dem Bielefelder Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer. In: Zeit Online. Nummer 35/2000, 24. August 2000, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 3. August 2013).
  18. Georg Bollenbeck: Eine Geschichte der Kulturkritik. Von Rousseau bis Günther Anders. Originalausgabe, C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54796-6, Seite 196 (Zitiert nach Google Books).
  19. Hans-Jörg Stiehler, Falk Tennert: Alle Jahre wieder. Fernsehrituale am Wahlabend. In: Kathrin Fahlenbrach, Ingrid Brück, Anne Bartsch (Herausgeber): Medienrituale. Rituelle Performanz in Film, Fernsehen und Neuen Medien. 1. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15668-2, Seite 85, Fußnote (Zitiert nach Google Books).