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dissidentisch (Deutsch) Bearbeiten

Adjektiv Bearbeiten

Positiv Komparativ Superlativ
dissidentisch dissidentischer am dissidentischsten
Alle weiteren Formen: Flexion:dissidentisch

Worttrennung:

dis·si·den·tisch, Komparativ: dis·si·den·ti·scher, Superlativ: dis·si·den·tischs·ten

Aussprache:

IPA: [dɪsiˈdɛntɪʃ]
Hörbeispiele:   dissidentisch (Info)
Reime: -ɛntɪʃ

Bedeutungen:

[1] Religion: keiner Religionsgemeinschaft angehörig
[2] Religion: nicht-katholisch
[3] Politik, Religion: gegen eine religiöse oder autoritäre politische Ordnung auftretend, diese kritisierend oder nicht befolgend
[4] Politik, Religion: auf (einen oder mehrere) Dissidenten Bezug nehmend, Dissidenten-
[5] Politik, Religion: den Anschauungen eines Dissidenten entsprechend, diese zum Ausdruck bringend

Herkunft:

abgeleitet vom Substantiv Dissident (= Nicht-Katholik, Konfessionsloser; zu dessen Etymologie s. dort) durch Anhängen des Adjektivsuffixes -isch. Der Ausdruck findet sich in Fachpublikationen bereits im 18. Jahrhundert[1] und war unter anderem auch im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts im ideologischen Begriff dissidentische Fürsorge um die Zeit zwischen 1927 und 1932 gängig.[2] Aufgekommen ist das Wort im allgemeinen Sprachgebrauch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Bezug auf Dissidenten als Regimegegner besonders in kommunistischen Staaten. Eine erstmalige Verwendung ab diesem Zeitraum findet sich unter Heranziehung der gängigen deutschen Sprachkorpora[3] vom Schriftsteller Peter Rühmkorf in der „Zeit“ vom 10. August 1979, Nr. 33.[4] Der Gebrauch von dissidentisch blieb bis zur Zeit um 2000 eine Randerscheinung und nahm danach besonders um 2010 zu.[5] Noch 1994 wird eine Verwendung von dissidentisch in einer „Spiegel-Spezial“-Ausgabe aus dem Jahr 1993 als eine „lexikologisch falsche Form“ für dissident gesehen.[6] Eine Google-Suche im März 2013 ergab eine Quote von 451 echten Treffern für dissidentisch und von 866 für die flektierten Formen des Positivs.[7] Für den Komparativ gab es einen Treffer[8] und für den Superlativ fand sich gleichfalls ein Beleg.[9] Das Wort fungiert heute als Nebenform des Adjektivs dissident (zu dessen Etymologie s. dort) mit ähnlicher Bedeutung. Im Duden ist das Wort bislang nicht verzeichnet.[10]

Synonyme:

[1] konfessionslos
[1–5] dissident
[3] oppositionell, regimekritisch

Sinnverwandte Wörter:

[1–5] abtrünnig, abweichlerisch, spalterisch, widerstrebend, widerspenstig

Gegenwörter:

[3] linientreu, loyal

Oberbegriffe:

[1–3] andersdenkend

Beispiele:

[1] „Es wurden bezeichnet als evangelisch 36, als katholisch 12, als mosaisch 28, als dissidentisch 20 Kinder.“[11]
[1] „[…] unter den 6 außerehelichen Geburten mit dissidentischer Mutter war keine Todtgeburt.“[12]
[2] „Es wurde verboten, auf Krongütern dissidentische Kirchen zu haben.“[13]
[2] „Allerdings ist der Religionsunterricht für die öffentliche Volksschule vorgeschrieben, aber nur der Religionsunterricht derjenigen Konfession, welcher die Kinder angehören. Aus dem Art. 21 der Verfassung kann daher nur gefolgert werden, daß die dissidentischen Eltern ihre Kinder nicht dem dissidentischen Religionsunterricht, der in der Volksschule oder anderwärts erteilt wird, entziehen dürfen.“[14]
[3] „[…] worauf […] Adam Bronikowski die dissidentischen Forderungen, welche in 20 Puncten bestunden, übergab.“[15]
[3] „Rund 30 Jahre schmachtete der dissidentische Dichter Nguyen Chi Thien in den Kerkern des kommunistischen Regimes in Hanoi.“[16]
[3] „[…] deren politisches und ästhetisches Programm obzwar dissidentisch im Hinblick auf die Parteipolitik, dennoch …“[17]
[3] „Obwohl sich [Václav] Klaus den Dissidenten während des ‚Prager Frühlings‘ 1968 nicht offen anschloß (seine in einigen dissidentischen Zeitschriften erschienen Artikel trugen Pseudonyme), verlor er nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen seine Stellung …“[18]
[4] „die den Kindern dissidentischer Eltern nachgelassenen Freiheiten“[19]
[5] „Uwe Kolbe, als eine Generation der ‚Hineingeborenen‘ klassifiziert, wuchs nicht direkt aus den Kinderschuhen in eine dissidentische Gegenwelt hinein.“[20]

Übersetzungen Bearbeiten

[1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „dissidentisch
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Quellen:

  1. So etwa: „… Keine dissidentische[n] Geistliche[n] sollen für [= vor] ein katholisches Gerichte gezogen, sondern in bürgerlichen vor einem bürgerlichen Gerichte, und in Kirchensachen vor ihrem Constitorio besprochen werden.“ (Ausführlicher Bericht eines polnischen Einwohners von den Schicksalen der sämtlichen Dissidenten in Polen, Meyersche Buchhandlung, Leipzig 1774, S. 195 Google books, abgerufen am 26. März 2013.)
  2. Gemeint ist damit die von politisch linker Seite geplante Fürsorge atheistischer Proletarier. Vorzufinden etwa als Titel der Broschüre Warum dissidentische Fürsorge?, herausgegeben vom Reichsverband dissidentische Fürsorge von 1928 (online im Verzeichnis der Google books, abgerufen am 24. März 2013), der als Verein Reichsverband für dissidentische Fürsorge e. V. konstituiert war (vgl. startext.de, abgerufen am 24. März 2013), des Weiteren in der Form Dissidentische Fürsorge-Vereine Deutschlands und im Titel der Publikation Dissidentische Fürsorge von 1932 (vgl. syndikalismusforschung.info, abgerufen am 24. März 2013).
  3. Diese sind das Korpus des Digitalen Wörterbuchs der Deutschen Sprache (DWDS), das Korpus zum Wortschatz-Lexikon der Universität Leipzig und das Deutsche Referenzkorpus des Instituts für Deutsche Sprache.
  4. „Und daß man die dissidentischen Dichter einzubunkern pflegte und aufrecht abweichende Kirchenmänner jahrelang der Freiheit und der bürgerlichen Ehrenrechte beraubt hatte, war ja auch nicht ganz unbekannt geblieben.“ (Peter Rühmkorf: Poesie im Polizeistaat. Südkorea: „Land der Morgenstille“ – und der Friedhofsruhe, Onlne-Archiv der „Zeit“, abgerufen am 24. März 2013.
  5. Im DWDS-Korpus finden sich bis 2009 ausschließlich Häufigkeitswerte zwischen 0 und 3 (vgl. DWDS-Korpus, abgerufen am 24. März 2013). Die Abfrage des Deutschen Referenzkorpus des Instituts für Deutsche Sprache ergibt mit ebenfalls den Häufigkeiten zwischen 0 und 3 für die Jahre 1986–2010 dasselbe Bild (vgl. DEREKO am IDS Mannheim, abgerufen am 24. März 2013). Erst für 2011 werden hier 11 Belege ausgegeben. Das Korpus des Wortschatz-Lexikons der Universität Lepizig enthält überhaupt nur 1 Beleg aus 2010 und 3 Treffer aus 2011 (vgl. wortschatz.uni-leipzig.de, abgerufen am 24. März 2013).
  6. Sylvie LeGrand: Über den aktuellen Gebrauch des Terminus ‚Dissident‘ in Deutschland. In: Hans-Jürgen Heringer et al. (Herausgeber): Tendenzen der deutschen Gegenwartssprache. Niemeyer, Tübingen 1994, ISBN 3-484-73016-1, Seite 236 (books.google.at, abgerufen am 25. März 2013).
  7. Suche auf google.at am 24. März 2013. Von der unflektierten Form ist mehr als die Hälfte aufgrund automatisierter Abläufe entstanden und kann nicht zu den eigentlichen Belegen gerechnet werden, sodass sich die Trefferquote wesentlich reduziert.
  8. „Während eine Fraktion …, sind die üblichen Verdächtigen dissidentischeren MKs gewillt …“ (shual.blogspot.at, abgerufen am 25. März 2013).
  9. Der Titel des Zeitungsartikels Der dissidentischste Dissident in der „Märkischen Allgemeinen“ vom 8. Dezember 2007, abgerufen am 24. März 2013).
  10. Dies betrifft folgende Ausgaben:
    • Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in acht Bänden, 2. Auflage, Band 2: Bin–Far, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Mannheim u. a. 1993, ISBN 3-411-04732-1.
    • Universalwörterbuch, 3. Aufl., Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Mannheim u. a. 1996, ISBN 3-411-05503-0.
    • Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Die deutsche Rechtschreibung. Das umfassende Standardwerk auf der Grundlage der neuen amtlichen Regeln. In: Der Duden in zwölf Bänden. 23. Auflage. Band 1, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2004, ISBN 978-3-411-04013-0
    • Rechtschreibung Online-Version, abgerufen am 24. März 2013.
  11. J. W. Zukermann: Bericht über die Montessori-Versuchsschule in Dahlem, Iltisstr. 1–5 (Faksimile einer maschingeschriebenen Korrespondenz an das Bezirksamt Zehlendorf, Schulbehörde, vom 4. März 1933, S. 1), in: Diana Stiller: Clara Grunwald und Maria Montessori. Die Entwicklung der Montessori-Pädagogik in Berlin, Diplomica Verlag, Hamburg 2008, ISBN= 3-484-73016-1, S. 157 (Google books, abgerufen am 25. März 2013).
  12. Berlin (Germany) Statistisches Landesamt: Statistisches Jahrbuch Band 26, 1902, Seite 109 (Google books, abgerufen am 27. März 2013).
  13. Johannes von Müller: Vier und zwanzig Bücher Allgemeiner Geschichten besonders der Europäischen Menschheit. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Tübingen 1811, S. 113 (Google books, abgerufen am 29. März 2013).
  14. Eugen-Richter-Archiv: Stichwort: Dissidentenkinder. In: Politisches ABC=Buch. 1898, abgerufen am 2. April 2013.
  15. Fortgesetzte Neue Genealogisch=Historische Nachrichten, Heinsius, Leipzig 1768, S. 84 (Google books, abgerufen am 27. März 2013).
  16. Detmar Doering: Der Dichter, Vietnam und die Menschenrechte. In: worldpress.com. 21. November 2010, abgerufen am 24. März 2013.
  17. Anja Tippner: Die permanente Avantgarde? Surrealismus in Prag. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2009, ISBN 978-3-41207406-7, Seite 57 (Google books, abgerufen am 27. März 2013)
  18. Anneke Hudalla: Außenpolitik in den Zeiten der Transformation: Die Europapolitik der Tschechischen Republik 1993–2001. Lit-Verlag, Münster/Hamburg/London 2003, ISBN 3-8258-6868-0, Seite 73, Fußnote 196 (Google books, abgerufen am 2. April 2013).
  19. Büreau des Ministeriums des Inneren (Herausgeber): Ministerial-Blatt für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten. Band 20, 15. Januar 1859, Seite 113 (zitiert nach Google Books, abgerufen am 27. Oktober 2020).
  20. boheme und diktatur in der ddr - gruppen, konflikte, quartiere. 1970 bis 1989. Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin, 4. September 1997 bis 16. Dezember 1997. Online auf dhm.de (Deutsches Historisches Museum); abgerufen am 27. März 2013.