beklagtisch (Deutsch) Bearbeiten

Adjektiv Bearbeiten

Positiv Komparativ Superlativ
beklagtisch
Alle weiteren Formen: Flexion:beklagtisch

Anmerkung:

Das Adjektiv wird in der juristischen Literatur um 1900 in einer Reihe sprachpflegerisch motivierter Arbeiten als sprachlich missglückte Bildung beschrieben, auf deren Gebrauch unbedingt verzichtet werden solle; siehe etwa Gensel (1896)[1], Bruns (1898)[2], Günther (1898)[3]. Beklagtisch erscheint – im Gegensatz zu seinem Pendant klägerisch – in modernen Rechtstexten deutschen Ursprungs nur selten. Bei einem Vergleich deutscher und schweizerischer Urteilsdatenbanken (Juris, Swisslex) deutet sich an, dass das Adjektiv in der Schweizer Rechtssprache weit häufiger verwendet wird.
Das Nebeneinander der Bedeutungen [1] und [2] hat gelegentlich eine Mehrdeutigkeit zur Folge, die abschließend nur – sofern überhaupt möglich – aus dem Kontext aufgelöst werden kann. Beispiel (aus einem Entscheid eines schweizerischen Gerichts): „Damit anerkannte aber der beklagtische Patentanwalt, dass der Antrag vom 23. Mai 2005 mangelhaft und ein neuer Antrag zu stellen war.“[4] Mit [1] handelt es sich bei dem Anerkennenden um den Patentanwalt des Beklagten, mit [2] wäre hingegen der Patentanwalt selbst beklagte Partei. Ganz allgemein ist festzustellen, dass Bedeutung [1] öfter nachweisbar ist als [2]. Siehe auch die entsprechende Anmerkung im Eintrag klägerisch.

Worttrennung:

be·klag·tisch, keine Steigerung

Aussprache:

IPA: [bəˈklaːktɪʃ]
Hörbeispiele:   beklagtisch (Info)

Bedeutungen:

[1] die Beklagte/den Beklagten betreffend; von der/dem Beklagten
[2] beklagt

Gegenwörter:

[1, 2] klägerisch

Beispiele:

[1] „Es kommt aber hinzu, dass das beklagtische Warenzeichen als solches nicht etwa durch Hinzufügung einer Beschreibung festgelegt ist.“[5]
[1] „Auf einem Versehen beruht schliesslich die beklagtische Auffassung, bei den verheirateten Erbinnen hätte auch die Vormundschaftsbehörde zustimmen müssen […]“[6]
[1] „Ein Symptom für die damalige Rechtsauffassung bildete die Verteidigung durch den beklagtischen Anwalt.“[7]
[1] „Soweit die Berufung gewisse Ungereimtheiten in der beklagtischen Auslegung der Matrix aufzeigt, setzt sie ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts.“[8]
[1] „Der Kläger geht in der Replik nicht näher auf die beklagtischen Bestreitungen und Substantiierungshinweise ein.“[9]
[2] „Die Wechsel wurden zur Verfallzeit von den Acceptanten an die beklagtischen Inhaber bezahlt […]“[10]
[2] „Die Vorinstanz auferlegte im Abschreibungsbeschluss die Prozesskosten vollumfänglich der beklagtischen Bauherrschaft, welche mit dem Rückzug des Baugesuchs die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens verursacht habe.“[11]
[2] „Mit Klage vom 11. Juni 2013 reichte die Klägerin dem Handelsgericht des Kantons Aargau verschiedene gegen die beklagtische Firma gerichtete Begehren und Eventualbegehren ein […]“[12]
[2] „Unmittelbar im Anschluss an eine emotional geführte Auseinandersetzung am Arbeitsplatz begaben sich der Geschäftsführer der beklagtischen Arbeitgeberin und die klägerische Arbeitnehmerin, Filialleiterin eines Coiffeursalons in A., am 28. August 2014 in ein nahegelegenes Restaurant […]“[13]
[2] „Die Einlassung besteht in der unzweideutigen Bekundung der beklagtischen Partei, vor dem angerufenen Gericht zur Hauptsache verhandeln zu wollen […]“[14]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] beklagtische Behauptung; beklagtisches Vorbringen; beklagtischer Antrag/Einwand/Vortrag; beklagtischer Anwalt/Vertreter

Wortbildungen:

beklagtischerseits

Übersetzungen Bearbeiten

Quellen:

  1. W. Gensel, Unsre Juristensprache, in: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß, Bd. 6, 1896, S. 145–171, hier S. 153.
  2. K. Bruns, Gutes Amtsdeutsch, Heymanns, 2. Aufl. 1898, S. 16.
  3. Ludwig Günther, Recht und Sprache, Heymanns, 1898, S. 170.
  4. Handelsgericht St. Gallen, Entscheid vom 21.04.2008, HG.2005.21.
  5. Landgericht Hamburg, Urteil vom 24.05.1902, VII 85/02, zitiert nach Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1903, S. 320.
  6. Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 3. Juli 1975 = BGE 101 II 222 S. 232.
  7. Alois Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1983, S. 26.
  8. Oberlandesgericht München, Schlussurteil vom 23.10.2013, 7 U 321/13.
  9. Handelsgericht des Kantons Zürich, Urteil vom 13.06.2019, HG160177-O.
  10. Allgemeine Juristische Zeitung 1829, S. 142.
  11. Kantonsgericht St. Gallen, Entscheid vom 25.06.2014, BE.2014.5.
  12. Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 25.08.2015, 4A_123/2015.
  13. Kantonsgericht St. Gallen, Entscheid vom 26.10.2016, BO.2016.10.
  14. Obergericht des Kantons Zürich, Urteil vom 23.05.2018, LE170075-O/U.