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Allgemein Bearbeiten

Einteilungen Bearbeiten

Silbisch und unsilbisch Bearbeiten

Paradigmisch und unparadigmisch Bearbeiten

Als paradigmische Fugenelemente werden solche bezeichnet, die formal mit dem Flexionsmuster des Erstgliedes übereinstimmen (aber dennoch keine grammatische Bedeutung haben): Gäns|e|fett, Held|en|mut, Antrieb|s|kraft, Tag|es|reise, Häus|er|meer, Herz|ens|angelegenheit. Als unparadigmische Fugenelemente werden solche bezeichnet, die im Flexionsparadigma des jeweiligen Erstgliedes nicht vorkommen: Schönheit|s|ideal, Schmerz|ens|geld. In der synchronen Wortbildungsanalyse ist das Fugenelement -en in Wörtern wie Hahn|en|schrei, Mond|en|schein, Schwan|en|hals unparadigmisch, historisch betrachtet jedoch paradigmisch, da diese Substantive früher schwach flektiert wurden.

Funktionen Bearbeiten

Fugenelemente können verschiedene Funktionen haben:

Phonologische Optimierung Bearbeiten

Das Deutsche bevorzugt eine trochäische Struktur (betont – unbetont). Mit silbischen Fugenelementen können einsilbige Erstglieder in Komposita diese Struktur herstellen: Bett|en|zahl, Kind|er|fest, Land|es|haushalt, Herz|ens|lust. Unsilbische Fugenelemente bewahren eine (optimale) Struktur des Erstgliedes: Eiche|n|wald, Name|ns|tag.

Morphologische Gliederung Bearbeiten

In mehrgliedrigen Komposita kennzeichnen Fugenelemente die Hauptfuge: Hof|mauer, aber: Friedhof|s|mauer; Sicht|weise, aber: Vorsicht|s|maßnahme.

Kennzeichnung der Wortartzugehörigkeit Bearbeiten

Bei bestimmten Komposita kennzeichnen Fugenelemente die Wortart des Erstgliedes.

  • -e: steht bei Verbstämmen als Erstglied (Land|e|bahn, aber: Land|luft)
  • -n: steht grundsätzlich bei deadjektivischen und departizipialen Konversionen als Erstglied (Sachverständige|n|gutachten, Studierende|n|vertretung) [anders: Duden Zw: -en]
  • -s: steht bei konvertierten Infinitiven als Erstglied (Verhalten|s|auffälligkeit, Versagen|s|angst)

Semantische Differenzierung Bearbeiten

In seltenen Fällen dient die Wahl verschiedener Fugenelemente für das gleiche Erstglied auch dazu, semantische Unterschiede deutlich zu machen.

  • Wenn das Erstglied einmal als Singular, ein anderes Mal als Plural verstanden werden soll, kann statt dem üblichen Fugen-s auch das Fugenelement -en gewählt werden: Minderheit|s|regierung – Minderheit|en|schutz; Geburt|s|tag – Geburt|en|kontrolle.
  • Homonyme können durch verschiedene Fugenelemente differenziert werden: Geist|es|gegenwart – Geist|er|stunde, Geschicht|s|buch – Geschicht|en|buch.

Regeln Bearbeiten

Etwa 30 Prozent aller Komposita im Deutschen weisen ein Fugenelement auf. Auch bei Ableitungen treten manchmal Fugenelemente auf. Nicht alle Fugen können eindeutig durch Regeln erklärt/vorausgesagt werden, aber Fugenelemente können auch nicht willkürlich gesetzt oder weggelassen werden. Einige allgemeine Regeln oder Tendenzen sind hier im Folgenden ausgeführt.

Substantivbildung Bearbeiten

Adjektivbildung Bearbeiten

Fremdwortbildung Bearbeiten

Unterschiede in der Gestaltung der Kompositionsfuge Bearbeiten

National und regional Bearbeiten

Besonders bei Komposita mit verbalem Erstglied verzichtet man in der Schweiz häufig auf das Fugenelement -e: Bad|meister, Blas|balg, Säg|mehl, Wart|saal, Zeig|finger. Auch in anderen Komposita kann die gemeindeutsche e-Fuge fehlen: Maus|loch, Laus|mädchen. Zur Tilgung von -e statt Ergänzung von -n kommt es zum Beispiel bei Adress|aufkleber, Baustell|besichtigung, Tann|ast, Sonn|seite, Schatt|seite. In Österreich und zum Teil auch in Süddeutschland sind solche Wörter teils sowohl mit als auch ohne Fugenelement geläufig.

Im österreichischen Deutsch fehlt in einigen Fällen das sonst übliche Fugen-s, zum Beispiel in Komposita mit Advent- (Advent|kranz); ebenso im Schweizerhochdeutsch: Abfahrt|zeit, Beileid|karte, Ausland|aufenthalt. Andererseits ist in Österreich und zum Teil auch in Süddeutschland und der Schweiz die Verwendung eines Fugen-s besonders nach Gaumenlauten häufiger als im übrigen Sprachgebiet: Abbruch|s|arbeit, Fabrik|s|gelände, Gelenk|s|entzündung, Gepäck|s|träger, Werk|s|arzt, Zug|s|abteil, Pracht|s|bau.

Im gesamten süddeutschen Sprachraum heißt es (auch) Schwein|s|braten, Rind|s|braten. Nach Erstgliedern auf -nahme wurde früher österreichisch regelmäßig das -e getilgt und eine s-Fuge gebildet: Aufnahm|s|prüfung, Einnahm|s|quelle; heute sind diese Formen eher als veraltend anzusehen. Völlig ungebräuchlich sind inzwischen Formen mit -ens wie in Fabrikant|ens|gattin oder Arzt|ens|witwe.

Fachsprachlich Bearbeiten

Durch behördliche Sprachregelung kommt es besonders in der Rechtssprache zu Unterschieden beim Fugenelement. Fachsprachlich heißt es Einkommen|steuer, Vermögen|steuer, allgemeinsprachlich eher mit Fugen-s: Einkommen|s|steuer, Vermögen|s|steuer. Weitere Varianten bestehen zum Beispiel bei fachsprachlich Schaden|s|ersatz, Halt|verbot, Schuld|erlass gegenüber allgemeinsprachlich Schaden|ersatz, Halt|e|verbot, Schuld|en|erlass.

Stilistisch Bearbeiten

Ein andere Stilebene wird Wörtern durch das Verwenden von älteren Fugenformen verliehen: Mond|en|schein / Mond|schein, Mai|en|nacht / Mai|nacht, Wald|es|rand / Wald|rand.

Fakultativ Bearbeiten

Bei zahlreichen Erstgliedern eines Kompositums gibt es für die Fuge zwei gleichwertige Varianten, zum Beispiel: Haushalt|debatte oder Haushalt|s|debatte, Verband|kasten oder Verband|s|kasten, Vorort|zug oder Vorort|s|zug, Rechtsanwalt|kanzlei ider Rechtsanwalt|s|kanzlei.

Andere Fugenkennzeichnungen Bearbeiten

Bindestrich Bearbeiten

Binnenmajuskel Bearbeiten

Spatium Bearbeiten

Genderzeichen Bearbeiten

Literatur:

  • Johannes Erben: Einführung in die deutsche Wortbildungslehre. 5., durchgesehene und ergänzte Auflage. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-503-07975-9
  • Wolfgang Fleischer, Irmhild Barz: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 4., völlig neu bearbeitete Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-025663-5
  • Ulrich Ammon et al. (Herausgeber): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2016, ISBN 978-3-11-024543-1, DNB 108083964X
  • Jakob Ebner: Duden, Österreichisches Deutsch. Wörterbuch der Gegenwartssprache in Österreich. 5., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-411-04985-1
  • Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. In: Der Duden in zwölf Bänden. 8. Auflage. Band 4, Dudenverlag, Mannheim u. a. 2009, ISBN 3-411-04048-3
  • Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Richtiges und gutes Deutsch. In: Der Duden in zwölf Bänden. 8. Auflage. Band 9, Dudenverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-411-91239-1
  • ÖBV im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung (Herausgeber): Österreichisches Wörterbuch. Auf der Grundlage des amtlichen Regelwerks. Schulausgabe – 43. Auflage. ÖBV, Wien 2016, ISBN 978-3-209-08513-9 (Bearbeitung: Magdalena Eybl et al.; Red.: Christiane M. Pabst, Herbert Fussy, Ulrike Steiner)
  • Hans Bickel, Christoph Landolt; Schweizerischer Verein für die deutsche Sprache (Herausgeber): Duden, Schweizerhochdeutsch. Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-411-70418-7