Scheinriese (Deutsch) Bearbeiten

Substantiv, m Bearbeiten

Singular Plural
Nominativ der Scheinriese die Scheinriesen
Genitiv des Scheinriesen der Scheinriesen
Dativ dem Scheinriesen den Scheinriesen
Akkusativ den Scheinriesen die Scheinriesen

Worttrennung:

Schein·rie·se, Plural: Schein·rie·sen

Aussprache:

IPA: [ˈʃaɪ̯nˌʁiːzə]
Hörbeispiele:   Scheinriese (Info)

Bedeutungen:

[1] pejorativ: in verschiedensten Zusammenhängen (beispielsweise Personen, Parteien, Autos, Fußballvereinen, Gesetzesvorhaben) gebrauchter Begriff, die diese Person/Sache als bedeutsam erscheinen lässt, aber, meist von Journalisten, dann als überbewertet oder deutlich weniger wichtig/beeindruckend charakterisiert wird

Herkunft:

Das Wort entstammt der Feder des Schriftstellers Michael Ende, der im 1960 erschienenen Kinderbuch 'Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer' mit dem Scheinriesen Herrn TurTur eine Figur erfand, die nur aus großer Entfernung riesig und beeindruckend wirkt, beim Herantreten aber immer weiter bis zur Normalgröße schrumpft.[1], [2]
Determinativkompositum (Zusammensetzung) aus den Substantiven Schein (dort: Bedeutung [3]) und Riese

Sinnverwandte Wörter:

[1] Papiertiger
[1] große Klappe, nichts dahinter; Koloss auf tönernen Füßen

Beispiele:

[1] „Aus der Perspektive von Chinas Staatschef Xi Jinping hat Donald Trump viel von diesem Scheinriesen.[3]
[1] „Hoeneß ist ab heute nicht mehr der mächtige Bayern-Macher mit Gutmenschen-Qualitäten. Er ist nur noch ein Scheinriese, einer, der bei näherem Hinsehen immer kleiner wird.“[4]
[1] „Das bekannteste Beispiel ist Donald Trump. Laut US-Medien sind ein Drittel seiner Follower keine Menschen, sondern Social Bots. Auch in Deutschland gibt es ähnliche Scheinriesen: Im vergangenen Jahr hat Netzpolitik.org eine umfangreiche Datenrecherche durchgeführt und sich die Twitter Netzwerke der AfD genauer angeschaut.“[5]
[1] „Bei genauem Hinsehen entpuppt sich einer, dem wie Bayerns Ministerpräsident Söder in der Krise Macherqualitäten nachgesagt werden, als Scheinriese […]“[6]
[1] [Der insolvente Finanzdienstleister Wirecard] „hatte ganz viel Geld überall auf der Welt, und war riesengroß. Und in Wirklichkeit gab es das viele Geld gar nicht. Wirecard entpuppte sich als Scheinriese.[7]
[1] „Zu den skurrilen Erfindungen des Schriftstellers Michael Ende gehört Herr Tur Tur, der Scheinriese aus den Jim Knopf-Büchern. Auch der A180 CDI ist so ein Scheinriese: Er wirkt größer, als er ist.“[8]
[1] „Der als gefährlich stilisierte Scheinriese NPD hat sich historisch überlebt.“[9]
[1] [Schlagzeile]: „Scheinriese – Kein Sieg in sieben Spielen, Platz 13 in der Liga, Tendenz fallend: Borussia Mönchengladbachs vermeintliche und sogar von Gegnern besungene Qualität ist momentan eine Einbildung.“[10]
[1] „Grünenfraktionschefin Renate Künast äußerte die Befürchtung, die Föderalismusreform führe in die "Kleinstaaterei", […]. »Dies ist nicht die Mutter aller Reformen«, rief sie aus. Es sei allenfalls ein "Scheinriese".“[11]
[1] [Es ist] auch diese Auflistung von Einzelprojekten und Kleinstmaßnahmen, die dem Aktionsplan den Ruf eines "Scheinriesen" bescheren. »Je näher man es betrachtet, desto kleiner und absurder wird es«", kritisiert der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, das Programm.
[1] „Sie waren vielleicht Wahlkampfentscheidend und können Demokratiegefährdend sein – Social Bots. Wie ein Scheinriese lassen die Roboter-Programme vereinzelte Meinungen im Netz plötzlich riesengroß werden.“[12] [Anmerkung: 'wahlkampfentscheidend' und 'demokratiegefährdend' sind Adjektive, diese werden klein geschrieben]
[1] „Auf Twitter tobt ein böswilliger Mob von Scheinriesen.[13]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] mit Verb: etwas/jemand entpuppt sich als Scheinriese

Übersetzungen Bearbeiten

[1] Wikipedia-Artikel „Scheinriese
[*] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Scheinriese
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalScheinriese
[1] Duden online „Scheinriese
[1] Deutsche Welle, Deutsch lernen - Wort der Woche: Hanna Grimm: Der Scheinriese. In: Deutsche Welle. 17. Mai 2009 (Text und Audio zum Download, Dauer: 01:39 mm:ss, URL, abgerufen am 17. Mai 2019).

Quellen:

  1. Michael Ende, Beate Dölling, Mathias Weber: Jim Knopf und der Scheinriese. Thienemann, 2008, ISBN 9783522435956, Seite 87 (Zitiert nach Google Books)
  2. Deutscher Wikipedia-Artikel „Jim_Knopf_und_Lukas_der_Lokomotivführer#Herr_Tur_Tur
  3. Thomas Latschan: Kommentar: Donald Trump, der Scheinriese. In: Deutsche Welle. 14. November 2017 (URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  4. Volker Wagener: Kommentar: Hoeneß verknackt! - Ein Fall von schwerer Vertrauenshinterziehung. In: Deutsche Welle. 13. März 2014 (URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  5. Melina Borčak: Was sind Social Bots?. In: Rundfunk Berlin-Brandenburg. 1. Dezember 2018 (Sendereihe: Himmel und Erde, URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  6. Klaus Lederer: Wie Berlin in der Coronakrise regiert wird – Wir sind in mancher Frage zu weit gegangen“. In: Der Tagesspiegel Online. 27. April 2020 (URL, abgerufen am 30. April 2020).
  7. Roland Söker: Scheinriesen-Ökonomie. In: Bayerischer Rundfunk. 8. Juli 2020 (URL, abgerufen am 2. September 2020).
  8. Von Jürgen Wolff: Praxistest: Mercedes-Benz A 180 CDI – Der Scheinriese. In: sueddeutsche.de. 22. Mai 2010, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  9. Volker Wagener: Kommentar: Die NPD darf weiter unwichtig sein. In: Deutsche Welle. 17. Januar 2017 (URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  10. Ulrich Hartmann: Mönchengladbach – Scheinriese. In: sueddeutsche.de. 27. November 2016, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  11. Bundestag – Zwei-Drittel-Mehrheit für Föderalismusreform. In: sueddeutsche.de. 10. Mai 2010, ISSN 0174-4917 (URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  12. Greifen Trolle die Demokratie an?. In: Bayerischer Rundfunk. 15. April 2018 (Online bis 13.4.2023, URL, abgerufen am 17. Mai 2019).
  13. Juliane Wiedemeier: Empört Euch bitte anders. In: Mitteldeutscher Rundfunk. 9. März 2018 (Sendereihe: Das Altpapier, URL, abgerufen am 17. Mai 2019).