Dieser Eintrag war in der 50. Woche
des Jahres 2011 das Wort der Woche.

Hinterhalt (Deutsch) Bearbeiten

Substantiv, m Bearbeiten

Singular Plural
Nominativ der Hinterhalt die Hinterhalte
Genitiv des Hinterhalts
des Hinterhaltes
der Hinterhalte
Dativ dem Hinterhalt
dem Hinterhalte
den Hinterhalten
Akkusativ den Hinterhalt die Hinterhalte

Worttrennung:

Hin·ter·halt, Plural: Hin·ter·hal·te

Aussprache:

IPA: [ˈhɪntɐˌhalt]
Hörbeispiele:   Hinterhalt (Info),   Hinterhalt (Österreich) (Info)

Bedeutungen:

[1] auch übertragen:
[1a] Versteck, von dem aus man jemandem (zumeist einen Gegner, in feindlicher Absicht) auflauert, um diesen überraschend (eigentlich hinterrücks) anzugreifen
[1b] Ort, an dem jemand von einem oder mehreren Anderen, die aus dem Versteck urplötzlich und unerwartet hervorbrechen, überfallen wird
[2] jemandes Art und Weise beziehungsweise Verhalten, sich im Hintergrund zu halten
[3] feste (moralische) Unterstützung
[4] einer Äußerung, Handlung zugrunde liegende/r, heimliche/r (arglistige/r) Absicht/Gedanke, die/der nicht ausgesprochen wird

Herkunft:

Es handelt sich um ein Erbwort, das bereits im mittelhochdeutschen hinderhalt → gmhVersteck, Auflauerung; Rückhalt, Stütze[1][2][3] bezeugt ist. Im Frühneuhochdeutschen besaß es die Bedeutung ‚Truppenreserve, Stütze, Rückhalt‘ (15. Jahrhundert). Für das Neuhochdeutsche sind ‚Versteck, von dem aus man einem Gegner auflauert, ihn überraschend (eigentlich von hinten) angreift; Falle‘ (16. Jahrhundert) sowie etwas später im übertragenen Sinneheimlicher Vorbehalt‘ (17. Jahrhundert) belegt.[4]

Synonyme:

[1a, 1b] veraltet: Embuscade
[2] Zurückhaltung
[3] Rückhalt
[4] Hintergedanke

Sinnverwandte Wörter:

[1b] Falle
[2] Bescheidenheit, Feingefühl, Fingerspitzengefühl, Selbstbeherrschung, Skepsis, Takt/Taktgefühl, Unaufdringlichkeit, Understatement, Verhaltenheit, Zartgefühl; bildungssprachlich: Dezenz, Diskretion
[2] Abstand, Frostigkeit, Kühle, Reserve, Reserviertheit, Unnahbarkeit; bildungssprachlich: Detachement, Distanz/Distanzhaltung, Distanziertheit; umgangssprachlich: Zugeknöpftheit
[3] rettender Anker, Anlehnung, Festigkeit, Halt, Hilfe, Rückendeckung, Rückenstärkung, Sicherheit, Stütze, Unterstützung; gehoben: Beistand; veraltet: Soutien, Subsidium

Unterbegriffe:

[1a] Wegelagerei

Beispiele:

[1a] „Beim Herausbrechen aus dem Hinterhalt waren zwei Reiter aneinander gerannt, wobei der eine von seinem Gaule herunterfiel und das ledige Roß in die Feinde hineinlief, bis es, von Pfeilen getroffen, zurückgejagt kam.“[5]
[1a] im übertragenen Sinne: „Von hier aus lassen sich die eben eingetretenen Besucher aus dem Hinterhalt beobachten.“[6]
[1a] „Die vier Mordgesellen hatten unterdessen den Hinterhalt verlassen, blieben aber noch im Schutze des in das Thal hineinragenden Strauchwerkes.“[7]
[1a] „Sie lagen im Hinterhalt ausserhalb der Stadt, während sich dort der Angriff auf die Baalanhänger im Tempel dieses Gottes abspielte.“[8]
[1a] „Das wohl spektakulärste Attentat war das auf den Polizeichef General Carlo Alberto Dalla Chiesa, der 1982 mitten in Palermo aus dem Hinterhalt überfallen wurde.“[9]
[1b] „Am Abend des 30. Mai 2003 geriet der Autokonvoi der NLD am Ausgang des Dorfes Tabayin, auf der Straße nach Mandalay in einen Hinterhalt.[10]
[1b] „Die Auseinandersetzungen hatten am Donnerstag begonnen, nachdem die nordsudanesische Armee erklärt hatte, 22 ihrer Soldaten seien in einem Hinterhalt von Truppen des Südens getötet worden.“[11]
[1b] „Die Kämpfe in Syrien werden immer brutaler: Im Norden wurden nach einem Bericht des Staatsfernsehens 120 Polizisten getötet, nachdem sie in einen Hinterhalt gelockt worden waren.“[12]
[2] „»Es scheint mir zweifellos, lieber More,« erklärte Raphael, »um offen, ohne Hinterhalt zu sprechen, daß, wo das Privateigentum herrscht, wo Geld der Maßstab aller für alles, es schwer, ja fast unmöglich ist, daß das Gemeinwesen gerecht verwaltet werde und gedeihe.[…]«“[13]
[2] „Stascha, meine Freundin, warum dieser Hinterhalt? Warum sprichst du nicht offen zu mir?“[14]
[3] „Bald faßte Rönne eine Leidenschaft für mich, die mir lästig wurde, weil mein Vater, meine Großmutter und alle meine Anverwandten diese Heirat wünschten; nur bei meiner Stiefmutter fand ich Hinterhalt, denn sie war stolz darauf, daß ihr Lottchen die Kraft hatte, dem Eindrucke der anmutsvollen Schönheit dieses liebenswürdigen jungen Mannes zu widerstehen.“[15]
[3] „Valentin hatte es bald gefühlt, daß er an der Mutter einen Hinterhalt habe, immer kam er zu ihr; wenn er gar zu unglücklich war, fern von seinem Mädchen, sah sie ihm tröstend in die hohlen Augen und strich ihm das wirre Haar aus der umwölkten Stirn.“[16]
[4] „Egmont. Will ich ihr wohl. Jedes hat seine eigne Absichten. Das thut nichts zur Sache. Sie ist eine treffliche Frau, kennt ihre Leute, und sähe tief genug wenn sie auch nicht argwöhnisch wäre. Ich mache ihr viel zu schaffen, weil sie hinter meinem Betragen immer Geheimnisse sucht, und ich keine habe.
Clärchen. So gar keine?
Egmont. Eh nun! einen kleinen Hinterhalt. […]“[17]

Redewendungen:

[1a] umgangssprachlich: jemanden aus dem Hinterhalt zerreißen
[1b] Sport: aus dem Hinterhalt
[1b] Sport: im Hinterhalt
[1a, 1b] umgangssprachlich: im Hinterhalt haben
[1a, 1b] umgangssprachlich: aus dem Hinterhalt pupen

Charakteristische Wortkombinationen:

[1a] (jemanden, den Gegner und so weiter) aus dem (sicheren) Hinterhalt beobachten / erschießen / töten / überfallen; (jemand, ein Trupp und so weiter) bricht aus dem Hinterhalt hervor; im Hinterhalt lauern / liegen / stecken; (jemanden) aus seinem Hinterhalt herauslocken; aus dem Hinterhalt schießen; sich in den / einen Hinterhalt legen; Angriff / (feiger) Anschlag / Schüsse / Überfall aus dem Hinterhalt
[1b] in einen Hinterhalt fallen / geraten; jemanden in einen Hinterhalt locken

Wortbildungen:

[1a, 1b] hinterhältig (→ Hinterhältigkeit)
[1a–2] hinterhalten

Übersetzungen Bearbeiten

[1a, 2–4] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. In zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 4. Band Gele–Impr, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-411-04773-9, DNB 965408256, Seite 1819.
[1a, 2, 3] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. 6. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-05506-7, Seite 828.
[1a, 2, 3] Duden online „Hinterhalt
[1b] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Hinterhalt“ auf wissen.de
[1a] Wikipedia-Artikel „Hinterhalt
[1a–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Hinterhalt
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalHinterhalt
[1a] The Free Dictionary „Hinterhalt
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch „Hinterhalt
[1a, 1b] Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. Zweyte, vermehrte und verbesserte Ausgabe. Leipzig 1793–1801 „Hinterhalt
[1a–3] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Hinterhalt

Quellen:

  1. Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. In: Der Duden in zwölf Bänden. 4. Auflage. Band 7, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2006, ISBN 978-3-411-04074-2, Seite 339.
  2. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. In zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 4. Band Gele–Impr, Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-411-04773-9, DNB 965408256, Seite 1819.
  3. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. 6. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-05506-7, Seite 828.
  4. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, digitalisierte und aufbereitete Ausgabe basierend auf der 2., im Akademie-Verlag 1993 erschienenen Auflage. Stichwort „Hinterhalt
  5. Arthur Schurig: Die Eroberung von Mexiko durch Ferdinand Cortes. Insel-Verlag, 1918. Zitiert nach Projekt Gutenberg.
  6. Hans-Jürgen Heinrichs (Hrsg.): »Wir lassen uns die Welt nicht zerbrechen« Max Raphaels Werk in Diskussion. 1. Auflage, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1989, ISBN 978-3-518-28394-3, Seite 221. Zitiert nach Google Books.
  7. Balduin Möllhausen: Der Vaquero. In: Alte deutsche Abenteuerliteratur im Originaltext. ALBIT-Verlag, München 2002, ISBN 3-935410-05-0. Zitiert nach Projekt Gutenberg.
  8. Adrian Schenker: Älteste Textgeschichte der Königsbücher. Die hebräische Vorlage der ursprünglichen Septuaginta als älteste Textform der Königsbücher. In: Orbis Biblicus et Orientalis. Band 199. Academic Press, Fribourg / Paulusverlag, Freiburg / Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2004, ISBN 3-7278-1470-5 (Academic Press Fribourg), ISBN 3-525-53056-0 (Vandenhoeck & Ruprecht), Seite 157. Zitiert nach Google Books.
  9. Vesna Marić: Sizilien. In: lonely planet Sprachführer. Deutsche Ausgabe, 1. Auflage, MairDumont, Ostfildern 2008, ISBN 978-3-8297-1625-3, Seite 44 (Originaltitel: Sicily, übersetzt von Dorothee Büttgen). Zitiert nach Google Books.
  10. André Boucard, Louis Boucard: Birmas Generäle streiten sich und suchen Freunde. In: Le Monde diplomatique, Nummer 7686, 10.06.2005, ISSN 0026-9395, Seite 14–15 (URL, deutschsprachige Ausgabe, übersetzt von Sonja Schmidt, abgerufen am 19. Oktober 2011).
  11. Sudan: Heftige Gefechte um Abyeis Öl. In: Zeit Online. 22. Mai 2011, ISSN 0044-2070 (URL, abgerufen am 19. Oktober 2011).
  12. Hinterhalt: Angreifer sollen 120 syrische Polizisten getötet haben. In: Spiegel Online. 6. Juni 2011, ISSN 0038-7452 (URL, abgerufen am 19. Oktober 2011).
  13. Karl Kautsky: Thomas More und seine Utopie. 4. Auflage, Verlag von J. H. W. Dietz, 1920. Zitiert nach Projekt Gutenberg.
  14. Max Brod: Die Frau nach der man sich sehnt. Roman. Paul Zsolnay Verlag, Wien 1927, Seite 312. Zitiert nach Google Books.
  15. Heinrich Conrad (Hrsg.): Elisa von der Recke: Herzens-Geschichten einer baltischen Edelfrau. Erinnerungen und Briefe. 4. Auflage, Verlag Robert Lutz, Stuttgart 1918. Zitiert nach Projekt Gutenberg.
  16. Clara Viebig: Das schlafende Heer. Roman. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1922, Seite 261. Zitiert nach Google Books.
  17. Johann Wolfgang von Goethe: Egmont. Trauerspiel von Goethe. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788, Seite 104. Zitiert nach Google Books.

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen: Hinterhand, Hinterland, Hinterlist