Elfenbeinturm (Deutsch) Bearbeiten

Substantiv, m Bearbeiten

Singular Plural
Nominativ der Elfenbeinturm die Elfenbeintürme
Genitiv des Elfenbeinturmes
des Elfenbeinturms
der Elfenbeintürme
Dativ dem Elfenbeinturm
dem Elfenbeinturme
den Elfenbeintürmen
Akkusativ den Elfenbeinturm die Elfenbeintürme

Worttrennung:

El·fen·bein·turm, Plural: El·fen·bein·tür·me

Aussprache:

IPA: [ˈɛlfn̩baɪ̯nˌtʊʁm]
Hörbeispiele:   Elfenbeinturm (Info)

Bedeutungen:

[1] figurativ: Ort der Abgeschiedenheit und Unberührtheit von der Welt; insbesondere abfällig über Akademiker, die jeden Bezug zur Praxis verloren haben

Herkunft:

In Anlehnung an „Dein Hals ist ein Turm aus Elfenbein.“ (Hoheslied 7,5 EU); in dieser Bedeutung zuerst Mitte des 19. Jahrhunderts beim französischen Literaturkritiker Charles-Augustin Sainte-Beuve als tour d'ivoire → fr belegt, dann als Lehnübersetzung Anfang des 20. Jahrhunderts im Deutschen.[1]
Strukturell: Determinativkompositum (Zusammensetzung) aus den Substantiven Elfenbein und Turm

Beispiele:

[1] Wissenschaftlern wird oft unterstellt, sie säßen nur in ihrem Elfenbeinturm und nähmen nichts sonst wahr.
[1] „Dieser Gedanke hatte seine Wurzeln in der Romantik, als die Autoren als geniale Wesen in Elfenbeintürmen lebten.“[2]
[1] „Sprachkritiker dagegen monierten, dass die Sprachwissenschaft ihren Elfenbeinturm nicht verlassen wolle und die tatsächlichen Probleme unberücksichtigt lasse oder gar leugne.“[3]
[1] „Darüber freut sich Artothek-Leiterin Sabine Isensee: »Wir holen die Kunst aus dem Elfenbeinturm heraus und bringen sie unter die Menschen.«“[4]
[1] „Das Fach [Politikwissenschaft] bestimmt die öffentliche Debatte nicht mehr, regt sie nicht mehr an, sondern zieht sich stark in den akademischen Elfenbeinturm zurück.“[5]
[1] „Die Filmemacherin Astra Taylor holt die Philosophie aus dem Elfenbeinturm auf die Strasse und begleitet die bedeutendsten Denkerinnen und Denker der Gegenwart auf ihren gedanklichen Streifzügen.“[6] (Anmerkung: 'Strasse' ist Schweizer Rechtschreibung, die deutsche Rechtschreibung ist 'Straße')
[1] „Spätestens seit dem gleichnamigen Film von 1979 haben es Schwarze Löcher heraus aus dem Elfenbeinturm der Astronomie hinein in die Populärwissenschaften geschafft.“[7]
[1] „Ein großer Essayist, der sich aus dem akademischen Elfenbeinturm getraut hat: Vor 100 Jahren wurde der Medienphilosoph Marshall McLuhan geboren.“[8]
[1] „[…] ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Erkenntnisse nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft bleiben sollen, sondern dahin kommen, wo sie Früchte bringen, nämlich an Orte, wo gelernt wird.“[9]
[1] „Erstens einmal werden alle diese Entscheidungen nicht in einem einsamen Brüsseler Elfenbeinturm getroffen, kaum eine Abstimmung läuft ohne die Zustimmung Deutschlands.“[10]

Redewendungen:

[1] im Elfenbeinturm sitzen[11] – nichts von der Welt mitbekommen, sich mit Dingen befassen, die keine praktische Relevanz haben.“

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] mit Verb: sich im Elfenbeinturm verkriechen, den Elfenbeinturm verlassen, sich im Elfenbeinturm verschanzen, sich in den Elfenbeinturm zurückziehen
[1] mit Adjektiv: akademischer / juristischer / künstlerischer / theologischer / universitärer / wissenschaftlicher Elfenbeinturm

Übersetzungen Bearbeiten

[1] Wikipedia-Artikel „Elfenbeinturm
[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Elfenbeinturm
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalElfenbeinturm
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „Elfenbeinturm
[*] PONS – Deutsche Rechtschreibung „Elfenbeinturm
[1] The Free Dictionary „Elfenbeinturm
[1] Duden online „Elfenbeinturm
[1] wissen.de – Lexikon „Elfenbeinturm
[1] Wahrig Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „Elfenbeinturm“ auf wissen.de
[1] Deutsche Welle, Deutsch lernen – Wort der Woche: Katrin Hofmann: Der Elfenbeinturm. In: Deutsche Welle. 31. März 2017 (Text und Audio zum Download, Dauer 01:36 mm:ss, URL, abgerufen am 29. Dezember 2018).
[1] Christine Schulthess (Redaktion): Woher stammt die Redensart «im Elfenbeinturm sitzen»?. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 5. September 2013 (URL, abgerufen am 2. Januar 2019).

Quellen:

  1. Wolfgang Pfeifer [Leitung]: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1993, ISBN 3-423-03358-4, Stichwort „Elfenbein“.
  2. Jóanes Nielsen: Die Erinnerungen. Roman. btb Verlag, München 2016, ISBN 978-3-442-75433-5, Seite 355. Original in Färöisch 2011, Übersetzung der dänischen Ausgabe von 2012.
  3. Jochen A. Bär, Thomas Niehr: Alternativen zum Elfenbeinturm. Die Linguistik will stärker in die Öffentlichkeit hineinwirken. In: Sprachreport. Nummer Heft 1-2, 2013, Seite 2-5, Zitat Seite 2.
  4. Mareike Lange: Kunst zum Ausleihen in der Oldenburger Artothek. In: Norddeutscher Rundfunk. 13. März 2018 (URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  5. Mythos Politikstudium – Nicht Bundeskanzlerln von morgen. In: Bayerischer Rundfunk. 5. Juli 2017 (URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  6. Philosophen auf der Strasse. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 23. Dezember 2012 (URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  7. Guido Meyer: Die Suche nach dem Ereignishorizont – Astronomen wollen Schwarzes Loch fotografieren. In: Mitteldeutscher Rundfunk. 5. April 2017 (URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  8. Dieter Kassel: „Er galt immer als Pop-Philosoph“ – Der Medienforscher Lorenz Engell über Marshall McLuhan. In: Deutschlandradio. 21. Juli 2011 (Deutschlandfunk Kultur / Berlin, URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  9. Anita Schlesak: Hirnforschung trifft Schule – Das Transfer-Zentrum für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm. In: Südwestrundfunk. 13. Dezember 2010 (URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  10. Chris Humbs, Sascha Adamek: Droht ein Dexit? – Wie die Deutschen die EU kaputt reden. In: Rundfunk Berlin-Brandenburg. 25. August 2016 (Sendereihe: Kontraste – Das Magazin aus Berlin, URL, abgerufen am 2. Januar 2019).
  11. Redensarten-Index „Elfenbeinturm